Gewohnheitsrecht?

Gewohnheitsrecht?

am 17.02.2006 18:11:29 von Mario Jung

Hi,

gibt es das? Beispiel:

Am Ende mehrerer nebeneinanderliegender Ackerflächen führt seit Jahren
ein Weg, zuerst ein Trampelpfad, später mit Fharrädern und irgendwann
mit landwirtschaftlichen Maschinen befahren.

Nun möchte "man" diesen Weg offiziell machen, quasi die Eigentümer zur
Hergabe dieser Fläche "auffordern" und diese an die Gemeinde zu
verkaufen. Als Begründung soll dann auch was mit "Gewohnheitsrecht" im
Schreiben stehen. Im Grundbuch sind selbstverständlich keine Wegrechte
vermerkt.

Danke!

Mario

--
Unser Rudel ist online:

Re: Gewohnheitsrecht?

am 17.02.2006 22:16:15 von Juergen Klein

Hallo, Mario Jung

> Am Ende mehrerer nebeneinanderliegender Ackerflächen führt seit Jahren
> ein Weg, zuerst ein Trampelpfad, später mit Fharrädern und irgendwann
> mit landwirtschaftlichen Maschinen befahren.
>
> Nun möchte "man" diesen Weg offiziell machen, quasi die Eigentümer zur
> Hergabe dieser Fläche "auffordern" und diese an die Gemeinde zu
> verkaufen. Als Begründung soll dann auch was mit "Gewohnheitsrecht" im
> Schreiben stehen. Im Grundbuch sind selbstverständlich keine Wegrechte
> vermerkt.

Als Grundstückseigentümer würde ich zuerst mal fragen, an welche Vergütung
dabei gedacht wurde.

Im zweiten Schritt würde ich in den kommenden Frühlingstagen diesen Weg
vorsichtshalber mal mit dem Rest des Ackers umpflügen. Gehen wir mal davon
aus, daß auch die anderen Grundstückseigentümer das so machen.

So, nun kommst Du und stellst mal eine tragfähige Beweiskette für dieses
Gewohnheitsrecht auf.

Na?

Ich schätze daher mal, daß auch hier gilt: Ohne Moos nichts los.

--
Jürgen

Re: Gewohnheitsrecht?

am 18.02.2006 09:28:22 von Mario Jung

Hallo Juergen Klein,


> Hallo, Mario Jung
>
>> Am Ende mehrerer nebeneinanderliegender Ackerflächen führt seit
>> Jahren ein Weg, zuerst ein Trampelpfad, später mit Fharrädern und
>> irgendwann mit landwirtschaftlichen Maschinen befahren.
>>
>> Nun möchte "man" diesen Weg offiziell machen, quasi die Eigentümer
>> zur Hergabe dieser Fläche "auffordern" und diese an die Gemeinde zu
>> verkaufen. Als Begründung soll dann auch was mit "Gewohnheitsrecht"
>> im Schreiben stehen. Im Grundbuch sind selbstverständlich keine
>> Wegrechte vermerkt.

> Als Grundstückseigentümer würde ich zuerst mal fragen, an welche
> Vergütung dabei gedacht wurde.

Unwichtig!

> Im zweiten Schritt würde ich in den kommenden Frühlingstagen diesen
> Weg vorsichtshalber mal mit dem Rest des Ackers umpflügen. Gehen wir
> mal davon aus, daß auch die anderen Grundstückseigentümer das so
> machen.

Unwichtig!

> So, nun kommst Du und stellst mal eine tragfähige Beweiskette für
> dieses Gewohnheitsrecht auf.

Und?

> Na?
>
> Ich schätze daher mal, daß auch hier gilt: Ohne Moos nichts los.

Absolut unwichtig!

Die Fragestellung war eine ganz eine andere! Das Beispiel war
vollkommen konstruiert (Okay, aus Fakten die ich aus meiner
Ortsschaftsrats-Tätigkeit so in etwa schon erlebt habe). Es geht nur um
den Begriff, ob es denn in dieser Form im deutschen Recht gibt! Dieses
Wort fällt immer wieder, wenn man in solchen 900 Jahre alten Gemeinden
wohnt und lebt und jetzt interessiert mich das einfach mal...

Gruß
Mario

--
Unser Rudel ist online:

Re: Gewohnheitsrecht?

am 18.02.2006 12:46:22 von Juergen Klein

Hallo, Mario Jung

> Die Fragestellung war eine ganz eine andere! Das Beispiel war vollkommen
> konstruiert (Okay, aus Fakten die ich aus meiner
> Ortsschaftsrats-Tätigkeit so in etwa schon erlebt habe). Es geht nur um
> den Begriff, ob es denn in dieser Form im deutschen Recht gibt! Dieses
> Wort fällt immer wieder, wenn man in solchen 900 Jahre alten Gemeinden
> wohnt und lebt und jetzt interessiert mich das einfach mal...

Ja, den Begriff des Gewohnheitsrechtes gibt es noch immer, er wurde
aus historischen Gründen stets fortgeschrieben. Anders ist es ja auch
nicht machbar.

Das Problem an der Geschichte ist lediglich, daß ein solches Gewohnheits-
recht meißt schwer nachweisbar ist. Eben darauf wollte ich mit meiner
obigen Antwort hinaus.

Wenn man diesen Weg - etwa aus alten Dokumenten / Karten etc. plausibel
nachweisen kann, könnte es klappen.

Wenn alles nur auf Behauptungen einzelner beruht, dürfte es schwierig werden.

--
Jürgen

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Re: Gewohnheitsrecht?

am 18.02.2006 15:21:05 von Mario Jung

Hallo Juergen Klein,


> Ja, den Begriff des Gewohnheitsrechtes gibt es noch immer, er wurde
> aus historischen Gründen stets fortgeschrieben. Anders ist es ja auch
> nicht machbar.
>
> Das Problem an der Geschichte ist lediglich, daß ein solches
> Gewohnheits- recht meißt schwer nachweisbar ist. Eben darauf wollte
> ich mit meiner obigen Antwort hinaus.
>
> Wenn man diesen Weg - etwa aus alten Dokumenten / Karten etc.
> plausibel nachweisen kann, könnte es klappen.
>
> Wenn alles nur auf Behauptungen einzelner beruht, dürfte es schwierig
> werden.

Aha, jetzt wird es verständlicher... Und wie kann ich mir dann so den
Ablauf vorstellen (Angebot? Enteignung? Eintrag ins Grundbuch?)

Mario

--
Unser Rudel ist online:

Re: Gewohnheitsrecht?

am 18.02.2006 21:32:56 von Juergen Klein

Hallo, Mario Jung

> Aha, jetzt wird es verständlicher... Und wie kann ich mir dann so den
> Ablauf vorstellen (Angebot? Enteignung? Eintrag ins Grundbuch?)

Ich würde erst mal das Material zusammentragen, mit dem Du das
Gewohnheitsrecht schlüssig darlegen willst.

Das sollte zumindest so plausibel sein, daß es auch ein neutraler
Dritter nachvollziehen kann.

Im zweiten Schritt wäre ein klärendes Gespräch mit den Eigentümern
sicher angebracht.

Nennenswerte Entschädigungen wird die Gemeinde vermutlich wieder
mal nicht auftreiben können. Aber ggf. haben die Eigentümer ja auch
ein Interesse an diesem Weg.

Spätestens bei dem Thema Grundbucheintrag werden die aber hellhörig.
Würdest Du ja selbst auch nicht machen.

Die Enteigung ist dann das letzte Mittel.

Auch hier muß eine Entschädigung gezahlt werden und es muß abgewogen
werden zwischen dem öffentlichen und privaten Interesse.

Da wird es dann fraglich, ob sich der ganze Aufwand für so einen Feldweg
überhaupt lohnt.

Wenn Du auf diese Weise weiterkämpfen willst, dürfte Deine nächste Quelle
der Erkenntnis das Baugesetzbuch sein.

--
Jürgen

Re: Gewohnheitsrecht?

am 18.02.2006 22:01:37 von Rupert Haselbeck

Juergen Klein schrieb:

> Ich würde erst mal das Material zusammentragen, mit dem Du das
> Gewohnheitsrecht schlüssig darlegen willst.
> [...]
> Die Enteigung ist dann das letzte Mittel.

Auf welcher Rechtsgrundlage sollte hier eine Enteignung in Betracht
kommen?
=20
> Wenn Du auf diese Weise weiterkämpfen willst, dürfte Deine näch=
ste
> Quelle der Erkenntnis das Baugesetzbuch sein.
=20
Warum denn dieses? Regelt das BauGB denn auch gewohnheitsrechtlich
begründete Wegerechte?

MfG
Rupert

Re: Gewohnheitsrecht?

am 18.02.2006 23:16:23 von Juergen Klein

Hallo, Rupert Haselbeck

>>Ich würde erst mal das Material zusammentragen, mit dem Du das
>>Gewohnheitsrecht schlüssig darlegen willst.
>>[...]
>>Die Enteigung ist dann das letzte Mittel.
>
> Auf welcher Rechtsgrundlage sollte hier eine Enteignung in Betracht
> kommen?

Woher soll ich das denn wissen?

Enteignung kann wohl nur bei erheblichem öffentlichem Interesse erfolgen.
Ob das hier zieht, muß sich erst noch herausstellen.

>>Wenn Du auf diese Weise weiterkämpfen willst, dürfte Deine nächste
>>Quelle der Erkenntnis das Baugesetzbuch sein.

> Warum denn dieses? Regelt das BauGB denn auch gewohnheitsrechtlich
> begründete Wegerechte?

Ich dachte eher an die Prozedur der Enteignung.

--
Jürgen

Re: Gewohnheitsrecht?

am 19.02.2006 00:05:39 von Thomas Homilius

Rupert Haselbeck schrieb am Samstag, 18. Februar 2006 22:01:

> Juergen Klein schrieb:
>
>> Ich würde erst mal das Material zusammentragen, mit dem Du das
>> Gewohnheitsrecht schlüssig darlegen willst.
>> [...]
>> Die Enteigung ist dann das letzte Mittel.
>
> Auf welcher Rechtsgrundlage sollte hier eine Enteignung in Betracht
> kommen?

Es sieht so aus, als wäre es (fast) unmöglich, eine Enteignung in diesem
Fall (Feldweg zwischen zwei Ackerflächen) durchzuführen. M.E. ist eine
Enteignung in diesem Fall praktisch unmöglich.

Man müsste vielleicht für den Feldweg einen Bebauungsplan festlegen, dann
wäre eine Enteignung wenigstens zulässig nach § 85 Abs. Nr. 1 BauGB.
Möglich wäre es auch, dass man aus den Ackerflächen Bauland macht. Der
§ 85 Abs, 1 Nr. 2 BauGB ist m.E. überhaupt nicht anwendbar. Allerdings bin
ich kein Baurechtsexperte!


Thomas Homilius
--
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Re: Gewohnheitsrecht?

am 19.02.2006 12:33:40 von Mark Obrembalski

Rupert Haselbeck <> schrieb:
> Juergen Klein schrieb:
>
>> Ich würde erst mal das Material zusammentragen, mit dem Du das
>> Gewohnheitsrecht schlüssig darlegen willst.
>> [...]
>> Die Enteigung ist dann das letzte Mittel.
>
> Auf welcher Rechtsgrundlage sollte hier eine Enteignung in Betracht
> kommen?

Straßenrecht. Das setzt natürlich voraus, dass die Gemeinde gewillt
ist, den Weg in eigener Verantwortung zu erhalten.

Gruß,
Mark

--
Deutsche Gesetze im WWW:

Re: Gewohnheitsrecht?

am 19.02.2006 12:43:31 von Thomas Homilius

Mark Obrembalski schrieb am Sonntag, 19. Februar 2006 12:33:

>> Auf welcher Rechtsgrundlage sollte hier eine Enteignung in Betracht
>> kommen?
>
> Straßenrecht. Das setzt natürlich voraus, dass die Gemeinde gewillt
> ist, den Weg in eigener Verantwortung zu erhalten.

Und wie lautet nun die Rechtsgrundlage (§§) für diese Form der Enteignung?


Thomas Homilius

--
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Re: Gewohnheitsrecht?

am 19.02.2006 12:54:52 von Mark Obrembalski

Thomas Homilius <> schrieb:
>> Straßenrecht. Das setzt natürlich voraus, dass die Gemeinde gewillt
>> ist, den Weg in eigener Verantwortung zu erhalten.
>
> Und wie lautet nun die Rechtsgrundlage (§§) für diese Form der Enteignung?

Da Straßenrecht Ländersache ist, hängt das vom Bundesland ab. In
Niedersachsen wäre es z.B. § 42 NStrG, in Schleswig-Holstein § 44 SHStrWG.

Gruß,
Mark

--
Deutsche Gesetze im WWW:

Re: Gewohnheitsrecht?

am 19.02.2006 14:06:20 von Thomas Homilius

Mark Obrembalski schrieb am Sonntag, 19. Februar 2006 12:54:

>>> Straßenrecht. Das setzt natürlich voraus, dass die Gemeinde gewillt
>>> ist, den Weg in eigener Verantwortung zu erhalten.
>>
>> Und wie lautet nun die Rechtsgrundlage (§§) für diese Form der
>> Enteignung?
>
> Da Straßenrecht Ländersache ist, ...

Danke, das wußte ich noch gar nicht. Das gilt aber nicht für Bundesstraßen
und Autobahnen?


Thomas Homilius

--
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Re: Gewohnheitsrecht?

am 19.02.2006 17:01:52 von Rupert Haselbeck

Mark Obrembalski schrieb:

>> Auf welcher Rechtsgrundlage sollte hier eine Enteignung in Betracht
>> kommen?
>=20
> Straßenrecht. Das setzt natürlich voraus, dass die Gemeinde gewil=
lt
> ist, den Weg in eigener Verantwortung zu erhalten.

Ich hätte leichte Bedenken, wegen eines "Trampelpfades" auch nur an e=
in
Enteignungsverfahren zu /denken/

MfG
Rupert

Re: Gewohnheitsrecht?

am 19.02.2006 20:50:21 von Mark Obrembalski

Thomas Homilius <> schrieb:
>> Da Straßenrecht Ländersache ist, ...
>
> Danke, das wußte ich noch gar nicht. Das gilt aber nicht für Bundesstraßen
> und Autobahnen?

Richtig. Art. 74 I Nr. 22 GG erklärt "den Bau und die Unterhaltung
von Landstraßen für den Fernverkehr" zum Gegenstand der konkurrierenden
Gesetzgebung. Straßen ohne Fernverkehsbedeutung sind also reine
Ländersache, andere, soweit der Bund von seiner Befugnis zur
Gesetzgebung keinen Gebrauch macht. In § 1 I FStrG spricht der
Bundesgesetzgeber vom "weiträumigen Verkehr" - wie weit sich das mit
dem "Fernverkehr" des Grundgesetzes deckt, ist mir nicht bekannt.
Besagter Feldweg ist aber ganz hundertprozentig Ländersache.

Gruß,
Mark

--
Deutsche Gesetze im WWW:

Re: Gewohnheitsrecht?

am 19.02.2006 20:56:30 von Mark Obrembalski

Rupert Haselbeck <> schrieb:
> Mark Obrembalski schrieb:
>
>>> Auf welcher Rechtsgrundlage sollte hier eine Enteignung in Betracht
>>> kommen?
>>
>> Straßenrecht. Das setzt natürlich voraus, dass die Gemeinde gewillt
>> ist, den Weg in eigener Verantwortung zu erhalten.
>
> Ich hätte leichte Bedenken, wegen eines "Trampelpfades" auch nur an ein
> Enteignungsverfahren zu /denken/

Dem Originalposting nach wird der Weg recht rege, auch durch
landwirtschaftliche Maschinen benutzt. Offenbar besteht also ein
entsprechendes Bedürfnis, und selbstverständlich kann die Gemeinde
dem nachkommen, indem sie den "Trampelpfad" zum öffentlichen Weg
macht. Anderswo wird zum Straßenbau enteignet, /ohne/ dass bisher auch
nur ein Trampelpfad vorhanden wäre.

Was die Abwägung im Zuge eines Planfeststellungsverfahrens ergäbe,
kann ich natürlich nicht wissen. Eine Enteignung wäre wohl auch kaum
nötig, denn der bisherige Eigentümer wäre blöd, wenn er nicht
freiwillig bereit wäre, sich für den Weg, den er ja auch selbst brauchen
kann, auch noch eine Entschädigung zahlen zu lassen.

Gruß,
Mark

--
Deutsche Gesetze im WWW:

Re: Gewohnheitsrecht?

am 20.02.2006 11:04:23 von Karl Naumann

Mark Obrembalski wrote:
> kann, auch noch eine Entschädigung zahlen zu lassen.
>
Das wär schön, glaub ich aber nicht. Gemeinde widmet Weg
als öffentlich, Besitzer hat alle Nachteile nun sanktioniert
zu tragen und darf noch für den Unterhalt sorgen - kenn ich
jedenfalls aus eigener Erfahrung, also widerspreche ich als
Eigentümer.

Ahoi Karli

Re: Gewohnheitsrecht?

am 20.02.2006 11:22:40 von Holger Pollmann

Karl Naumann <> schrieb:

>> kann, auch noch eine Entschädigung zahlen zu lassen.
>
> Das wär schön, glaub ich aber nicht.

Na, dann schau mal ins Landesstraßengesetz.

> Gemeinde widmet Weg als öffentlich, Besitzer hat alle Nachteile nun
> sanktioniert zu tragen und darf noch für den Unterhalt sorgen -

Soweit ich das sehen kann, gibt's das in so ziemlich keinen Straßengesetz
(ich lasse mich da aber gerne eines besseren belehren).

Nach hessischem Straßenrecht bspw. gibt es das nicht. Da kann erstmal
eine Straße nur gewidmet werden, wenn entweder das Grundstück im Eigentum
der Gemeinde steht oder der Eigentümer oder dinglich Nutzungsberechtigte
freiwillig (!) der Widmung zugestimmt hat. (Eine weitere Ausnahme ist,
wenn ein Enteignungsverfahren läuft und die Gemeinde bereits in den
BEsitz eingewiesen worden ist - dann folgt aber die Enteignugn bald
danach, so daß dann die Gemeine Eigentümer ist.)

Einfach gegen den Willen des Eigentümers zu widmen ist also unmöglich.

Und was den Unterhalt angeht: dafür ist der Träger der Straßenbaulast
verantwortlich, und das ist dann eben die Gemeinde und nicht der
privatrechtliche Eigentümer.

Tatsächlich ist es nach hessischem Recht übrigens so, daß ein Eigentümer
eines Grundstücks, das mit seinem Einverständnis zur Straße gewidmet
wurde, von der Gemeinde binnen 5 Jahren die Übernahme verlangen kann;
wenn dann kein Kaufvertrag zustandekommt, kann er die Enteignung
verlangen.

--
( ROT-13 if you want to email me directly: )
"Sie tragen Trauer? Der Untergang der DDR?" - "Nein, Leni Riefenstahl.
Der Führer hat sie zu sich genommen." -- Abschiedsshow Scheibenwischer,
02.10.2003

Re: Gewohnheitsrecht?

am 20.02.2006 12:21:40 von Thomas Homilius

Holger Pollmann schrieb am Montag, 20. Februar 2006 11:22:

> Einfach gegen den Willen des Eigentümers zu widmen ist also unmöglich.

Könnte die Behörde nicht einfach durch einen VERWALTUNGSAKT die
Willenserklärung (Zustimmung zur Umwidmung der Flächen zur Straße) des
Eigentümers ersetzen, ähnlich dem § 894 Abs. 1 ZPO?

In Bundesland Sachsen soll so etwas grundsätzlich möglich sein:
§ 24a SächsVwVG: Fiktion der Abgabe einer Erklärung
(1) Ist jemand durch einen Verwaltungsakt verpflichtet, eine bestimmte
Erklärung abzugeben, so gilt die Erklärung als abgegeben, sobald der
Verwaltungsakt unanfechtbar geworden ist. [...]

Siehe auch: <news:>


Thomas Homilius

--
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Re: Gewohnheitsrecht?

am 20.02.2006 15:09:29 von Holger Pollmann

Thomas Homilius <>
schrieb:

>> Einfach gegen den Willen des Eigentümers zu widmen ist also unmöglich.
>
> Könnte die Behörde nicht einfach durch einen VERWALTUNGSAKT die
> Willenserklärung (Zustimmung zur Umwidmung der Flächen zur Straße) des
> Eigentümers ersetzen, ähnlich dem § 894 Abs. 1 ZPO?

Nicht rechtmäßig.

> In Bundesland Sachsen soll so etwas grundsätzlich möglich sein:
> § 24a SächsVwVG: Fiktion der Abgabe einer Erklärung
> (1) Ist jemand durch einen Verwaltungsakt verpflichtet, eine bestimmte
> Erklärung abzugeben, so gilt die Erklärung als abgegeben, sobald der
> Verwaltungsakt unanfechtbar geworden ist. [...]

Richtig. Zum rechtmäßigen Erlaß eines solchen Verwaltungsakts braucht man
aber immer noch eine Ermächtigungsgrundlage, und die gibt es nicht.
§ 24a SächsVwVG betrifft nämlich nur die Vollstreckung eines solchen VAs,
nicht die Ermächtigung zu dessen Erlaß.

--
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Re: Gewohnheitsrecht?

am 21.02.2006 11:24:26 von Karl Naumann

1. IANAL und mit 2RAs nicht bis zu Ende durchgestritten,
da dann günstigere Lösung selbst ausgehandelt.

2. Sachsen und es spielte noch Sachenrechtsbereinigungsgesetz
hinein u.a. mit Beibringung von Protokollen von LPG-Vollver-
sammlungen (das Herz des Juristen lacht bei solcher Konstel-
lation). Der Weg, selbst auf amtlichen TK25 eingezeichnet,
wurde durch Häuslebauer (mit guter Beziehung zur Gemeinde)
unterbrochen (da eingetragenes Wegerecht fehlte) und der sich
im Zug der Maßnahme bis zur Klärung gebildete Trampelpfad
über ein anderes Grundstück (mehrere gefangene Grundstücke
waren entstanden) wollte die Gemeinde zum öffentlichen Weg
machen (mit oben zitierten Aussagen bis zum RP - ob die Be-
stand gehabt hätten? (s. 1.)).

Ahoi Karli

Re: Gewohnheitsrecht?

am 21.02.2006 12:08:32 von Holger Pollmann

Karl Naumann <> schrieb:

> de[n] sich im Zug der Maßnahme bis zur Klärung gebildet[ habenden]
> Trampelpfad über ein anderes Grundstück (mehrere gefangene
> Grundstücke waren entstanden) wollte die Gemeinde zum öffentlichen
> Weg machen (mit oben zitierten Aussagen bis zum RP - ob die Be-
> stand gehabt hätten? (s. 1.)).

Vermutlich hätte das Bestand gehabt, wenn sie hingegangen und die dafür
nötigen Flächen enteignet hätte, was durchaus zulässig sein kann, wenn es
keine einvernehmliche Lösung gibt, um einen notwendigen Weg herzustellen.

Was aber nichts daran ändert, daß zumindest soweit ich das kenne, die
Gemeinde nicht widmen darf, wenn sie nicht entweder selbst EIgentümer
ist, die Eigentümer dem zustimmen ODER das Enteignungsverfahren schon so
weit fortgeschritten ist, daß die Gemeinde bereits vorläufig in den
Besitz eingewiesen wurde.

--
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02.10.2003

Re: Gewohnheitsrecht?

am 21.02.2006 14:47:06 von Karl Naumann

Holger Pollmann wrote:
>
> Vermutlich hätte das Bestand gehabt, wenn sie hingegangen und die dafür
> nötigen Flächen enteignet hätte, was durchaus zulässig sein kann, wenn es
> keine einvernehmliche Lösung gibt, um einen notwendigen Weg herzustellen.
>
So hatte ich es (früher) auch gedacht. Ursprüngliche Aussage war, die
Sackgasse sei Gemeindeweg, was sich als unzutreffend herausstellte. Das
Wegerecht war per LPG-Beschluss an alle anliegenden Besitzer vergeben
worden. Ein Nachwende-Häuslebauer hatte Beachtung des Wegerechts der
Gemeinde zugesagt und sich nicht daran gehalten. Statt diesen Teil nun
zu enteignen etc., wurde der Kopf in den Sand gesteckt (bzw. aufgrund von
persönl. Bez. 'geduldet'). Die sich im Lauf eines Jahres gebildete Not-
lösung sollte dann als öffentlich gewidmet werden, ein angebotener Kauf
der Flächen wurde abgelehnt (daraus resultiert meine obige Aussage(n)).
Einer kalten Enteignung mit weiterhin Tragung der Lasten kann man kaum
zustimmen. Deshalb wurde Klage gegen den Störer angestrengt, der aber
leider nicht alle anliegenden Eigentümer der ca. 500 m langen Sackgasse
beitraten (Kostensparer). Nach 2 Jahren Verfahrensdauer bin ich 1997 dem
Problem ausgewichen, in dem ich an einen Nachbarn verkaufte, der sein
Grundstück mit Zugang zu einer Parallelstraße verdoppelte und für seine
Kinder nutzte.
Wie die Sache endete, ist mir nicht bekannt. Die 'Kostensparer' jeden-
falls konnten zwischenzeitlich nur per Notweg (und ohne Fahrzeug) ihr
Grundstück erreichen.

Ahoi Karli

Re: Gewohnheitsrecht?

am 21.02.2006 14:53:37 von Karl Naumann

Karl Naumann ERGÄNZUNG:

Es wurde in dem Zusammenhang auch mal der Aspekt der Erreich-
barkeit durch Feuerwehr und Rettungsdienst erwähnt. Jedoch
spielte das offensichtlich dann überhaupt keine Rolle mehr.
Angeblich hupft die FW über Zäune und auch dem RD scheinen
die nichts auszumachen.

Ahoi Karli

Re: Gewohnheitsrecht?

am 21.02.2006 15:42:18 von Holger Pollmann

Karl Naumann <> schrieb:

> Die sich im Lauf eines Jahres gebildete Not- lösung sollte dann als
> öffentlich gewidmet werden,

So weit, so gut.

> ein angebotener Kauf der Flächen wurde abgelehnt (daraus resultiert
> meine obige Aussage(n)).

Du meinst: die Eigentümer lehnten einen Verkauf der Flächen des
Notlösungswegs an die Gemeinde ab?

> Einer kalten Enteignung mit weiterhin Tragung der Lasten kann man
> kaum zustimmen.

1. Wenn die Gemeinde das Dingen zum öffentlichen Weg widmet, trägt SIE
die Straßenbaulast.
2. Einer Enteignung muß man nicht zustimmen; der Begriff bezeichnet die
einseitige "Eigentumswegnahme" durch den Staat. Passiert sowas mit
beiderseitiger Zustimmung, handelt es sich in aller Regel um einen
"Kaufvertrag" ;-)

> Deshalb wurde Klage gegen den Störer angestrengt, der aber leider
> nicht alle anliegenden Eigentümer der ca. 500 m langen Sackgasse
> beitraten (Kostensparer).

Die Tatsache, daß das überhaupt noch relevant war, deutet für mich darauf
hin, daß die Gemeinde keine Widmung durchgeführt hat, kann das sein?

Hab mir grad mal das Sächsische Straßengesetz angesehen; da ist die
Regelung hinsichtlich Eigentum/Besitz der Gemeinde so, wie ich es
skizziert habe (§ 6 III SächsStrG). Ohne Eigentum an der Straße,
Zustimmung des Eigentümers oder Besitzeinweisung im Rahmen eines
Enteignungsverfahrens o.ä. ist eine Widmung unzulässig.

Die Gemeinde wäre als Träger der Straßenbaulast an Gemeindestraßen nach
§ 9 I SächsStrG auch für den Unterhalt der Straße zuständig; auch
insoweit kommen also auf den Eigentümer eines Grundstücks, der in eine
Straßenwidmung einwilligt, keine Kosten zu.

Ich weiß also nicht genau, was da abgelaufen ist und inwiefern da
spezielles Landes- oder Ex-LPG-Recht reinspielt, aber prinzipiell gesehen
müßte alles so sein, wie ich es schrieb.

--
( ROT-13 if you want to email me directly: )
"Sie tragen Trauer? Der Untergang der DDR?" - "Nein, Leni Riefenstahl.
Der Führer hat sie zu sich genommen." -- Abschiedsshow Scheibenwischer,
02.10.2003

Re: Gewohnheitsrecht?

am 22.02.2006 16:24:12 von Karl Naumann

Holger Pollmann wrote:
>
> Ich weiß also nicht genau, was da abgelaufen ist und inwiefern da
> spezielles Landes- oder Ex-LPG-Recht reinspielt, aber prinzipiell gesehen
> müßte alles so sein, wie ich es schrieb.
>
Es war noch in den wilden Zeiten (bis 98) und ich bin mit Verlust,
aber jedenfalls heraus aus dem Schlamassel. Wenn ich die offiziellen
Schreiben von Gemeinde, LRA u. RP vorlegen würde ....
Im von mir erwähnten benachbarten Bereich ist es analog (Widmung durch
Gemeinde, glücklicherweise keine Blockade) 'gelaufen'. Die Gemeinde
wollte z.B. keine Last, Kehr- und Winterdienstpflicht für die ordentliche
Asphaltstr. übernehmen, woraufhin die Straße nicht öffentlich wurde,
die Anlieger ihre Mülltonnen nun bis zur 'öffentlichen' karren ....

Ahoi Karli