Schriftform bei Kreditverträgen

Schriftform bei Kreditverträgen

am 19.07.2006 00:28:59 von Andreas Kaiser

Hallo,

vielleicht kann mir jemand hier mal erklären, ob es bei Kreditverträgen
zwischen zwei Privatpersonen der Schriftform bedarf oder ob auch
mündliche Vereinbarungen zählen? Abgesehen davon, dass mündliche
Vereinbarungen eh schwer zu beweisen sind.

MfG
Andreas

Re: Schriftform bei Kreditverträgen

am 19.07.2006 00:30:29 von Holger Pollmann

"Andreas Kaiser" <> schrieb:

> vielleicht kann mir jemand hier mal erklären, ob es bei
> Kreditverträgen zwischen zwei Privatpersonen der Schriftform bedarf

Nein.

> oder ob auch mündliche Vereinbarungen zählen?

Ja. Das ist auch der gesetzliche Normfall für alle Verträge.

--
( ROT-13 if you want to email me directly: )
"Wir müssen ja auch sehen, wir haben ja ein Täterstrafrecht". Günter
Piening, Beauftragter des Berliner Senats für Integration und Migration.
Tagesschau vom 14. April 2006.

Re: Schriftform bei Kreditverträgen

am 19.07.2006 07:25:59 von Andreas Kaiser

Hallo,

das hieße ja, dass alle Geldgeschenke im Nachhinein noch als Kredite
ausgelegt
werden können. Also wenn ich jemanden einen Betrag geschenkt habe, ich nun
nicht mehr gut auf diesen Menschen zu sprechen bin, dann kann ich ja nun
glattweg
behaupten, ich habe es ihm nur geliehen und nicht geschenkt. Oder wie seht
ihr das?

Gruss
Andreas

Re: Schriftform bei Kreditverträgen

am 19.07.2006 10:10:22 von Thomas Becker

Hallo Andreas Kaiser ,

> das hieße ja, dass alle Geldgeschenke im Nachhinein noch als Kredite
> ausgelegt werden können.

Sicher.

> Also wenn ich jemanden einen Betrag geschenkt habe, ich nun
> nicht mehr gut auf diesen Menschen zu sprechen bin, dann kann ich ja nun
> glattweg behaupten, ich habe es ihm nur geliehen und nicht geschenkt.

Kannst Du machen.

> Oder wie seht ihr das?

Wie Du selbst schreibst, sind mündliche Verträge eben schwer nachweisbar.

In dem Fall hier müßte der Geldgeber die Berechtigung seiner Forderung
beweisen. Und eben das dürfte schwer fallen.

Bis auf wenige Ausnahmen gilt in unserem Rechtssystem die Unschulds-
vermutung. Jeder, der eine Forderung oder Beschuldigung erhebt, muß
das beweisen. Keiner muß sich gegenüber unbewiesenen Anschuldigungen
rechtfertigen. Er kann sogar gegen solche Behauptungen vorgehen.

Anders wäre ein vernünftiges Miteinander ja auch kaum vorstellbar.

Zu dem Thema mündliche Verträge möchte ich noch ergänzen, daß diese
einen wichtigen Teil unserer Rechtsordnung darstellen. Bei wirklich
wichtigen
Dingen habe ich damit - so sonderbar das auch klingen mag - die besten
Erfahrungen gemacht. Eben weil man sich hier nicht auf alle möglichen
Hintertürchen und Anwälte rauswinden kann, sondern allein ein Handschlag
zählt.

Ein Handschlag von einem ehrlichen Menschen zählt in weiten Teilen der
Bevölkerung auch heute noch mehr, als ein ellenlanger Vertrag mit einem
Windei.

Btw.: Nicht jedem zur Nachahmung, sondern lediglich als Denkanstoß
empfohlen.

--
Jürgen

Re: Schriftform bei Kreditverträgen

am 19.07.2006 10:27:07 von Holger Pollmann

"Andreas Kaiser" <> schrieb:

> das hieße ja, dass alle Geldgeschenke im Nachhinein noch als Kredite
> ausgelegt werden können.

Oder alle Darlehen als Geschenke. Oder Kaufverträge als Geschenke. Oder
Geschenke als Kaufverträge. Oder Kaufverträge als Darlehen. Oder...

Was kommt jetzt? Schriftform für alle Verträge? Willst du wirklich jeden
Morgen beim Bäcker für deine drei Brötchen einen fünfseitigen Vertrag
unterzeichnen müssen, aus dem hervorgeht, daß du für 60 Cent drei
Brötchen kaufen möchtest?

> Also wenn ich jemanden einen Betrag geschenkt habe, ich nun nicht
> mehr gut auf diesen Menschen zu sprechen bin, dann kann ich ja nun
> glattweg behaupten, ich habe es ihm nur geliehen und nicht
> geschenkt.

Ich könnte auch behaupten, du wärest in Wahrheit eine Frau. Wie siehst du
das? :-)

--
( ROT-13 if you want to email me directly: )
"Sie tragen Trauer? Der Untergang der DDR?" - "Nein, Leni Riefenstahl.
Der Führer hat sie zu sich genommen." -- Abschiedsshow Scheibenwischer,
02.10.2003

Re: Schriftform bei Kreditverträgen

am 19.07.2006 16:28:32 von Martin Schneider

Juergen Klein schrieb:
> Ein Handschlag von einem ehrlichen Menschen zählt in weiten Teilen der
> Bevölkerung auch heute noch mehr, als ein ellenlanger Vertrag mit einem
> Windei.

Habe leider die gegenteilige Erfahrung gemacht. Nach Handschlagvertrag
vor Zeugen: "Nee, das war doch nur ein Angebot, davon kann ich jederzeit
zurücktreten."

Gruß,
Martin

Re: Schriftform bei Kreditverträgen

am 19.07.2006 19:47:25 von Bernhard Muenzer

Martin Schneider <> writes:
> Juergen Klein schrieb:
> > Ein Handschlag von einem ehrlichen Menschen zählt in weiten Teilen der
> > Bevölkerung auch heute noch mehr, als ein ellenlanger Vertrag mit einem
> > Windei.
>
> Habe leider die gegenteilige Erfahrung gemacht. Nach Handschlagvertrag
> vor Zeugen: "Nee, das war doch nur ein Angebot, davon kann ich
> jederzeit zurücktreten."

Dann wird BGB §145 ff. für eine böse Überraschung sorgen.
--
#!/usr/bin/perl -- -* Nie wieder Nachtschicht! *- -- lrep\nib\rsu\!#
use Inline C=>'void C(){int m,u,e=0;float l,_,I;for(;1840-e;putchar((++e>905
&&942>e?61-m:u)["\t*nl`-llkbzCqfymfvna+qfymfvN#gqbkmqfA "]^3))for(u=_=l=0;79-
(m=e%80)&&I*l+_*_< 6&&28-++u;_=2*l*_+e/80*.09-1,l=I)I=l*l-_*_-2+m/27.;} ';&C

Re: Schriftform bei Kreditverträgen

am 19.07.2006 20:31:26 von BVusenet-0706

Hallo!

Juergen Klein schrieb:

> Bis auf wenige Ausnahmen gilt in unserem Rechtssystem die Unschulds-
> vermutung. Jeder, der eine Forderung oder Beschuldigung erhebt, muß
> das beweisen. Keiner muß sich gegenüber unbewiesenen Anschuldigungen
> rechtfertigen. Er kann sogar gegen solche Behauptungen vorgehen.

Nur am Rande: Das hat mit der (strafrechtlichen) Unschuldsvermutung
nichts zu tun.

Gruß
Bastian
--
"Dem Gericht sind mehrere allgemein bekannte und übliche Variationen der
Ausführung des Beischlafs bekannt, die auf einem einzelnen Bett ausgeübt
werden können, und zwar durchaus zur Zufriedenheit aller Beteiligten."
AG Mönchengladbach, Urt. v. 25.4.1991

Re: Schriftform bei Kreditverträgen

am 19.07.2006 21:34:27 von Bernhard Muenzer

Juergen Klein <> writes:
> Bis auf wenige Ausnahmen gilt in unserem Rechtssystem die Unschulds-
> vermutung.

Nein, die gilt nur im Strafrecht.

> Jeder, der eine Forderung oder Beschuldigung erhebt, muß
> das beweisen.

Nein (es sei denn, er wäre Staatsanwalt und er

> Keiner muß sich gegenüber unbewiesenen Anschuldigungen
> rechtfertigen.

Im Strafrecht ja.

Im Geschäftsleben kann das fatal sein.

> Er kann sogar gegen solche Behauptungen vorgehen.

Das stimmt allemal - und ist oft auch empfehlenswert.

> Zu dem Thema mündliche Verträge möchte ich noch ergänzen, daß diese
> einen wichtigen Teil unserer Rechtsordnung darstellen.

Volle Zustimmung.

> Bei wirklich wichtigen Dingen habe ich damit - so sonderbar das auch klingen
> mag - die besten Erfahrungen gemacht.

Unter "wirklich wichtige Dinge" fallen bei mir vor allem Arbeitsvertrag,
Mietvertrag, Eheschließung, Hauskauf, Kreditvertrag, Versicherungen und
Testament.

Da ist die Schriftform - wo nicht ohnehin vorgeschrieben - meistens ratsam.
--
#!/usr/bin/perl -- -* Nie wieder Nachtschicht! *- -- lrep\nib\rsu\!#
use Inline C=>'void C(){int m,u,e=0;float l,_,I;for(;1840-e;putchar((++e>905
&&942>e?61-m:u)["\t*nl`-llkbzCqfymfvna+qfymfvN#gqbkmqfA "]^3))for(u=_=l=0;79-
(m=e%80)&&I*l+_*_< 6&&28-++u;_=2*l*_+e/80*.09-1,l=I)I=l*l-_*_-2+m/27.;} ';&C

Re: Schriftform bei Kreditverträgen

am 20.07.2006 10:28:54 von Thomas Becker

Hallo Bernhard Muenzer ,

> Unter "wirklich wichtige Dinge" fallen bei mir vor allem Arbeitsvertrag,

Brauchst Du nicht. Mehrfache Gehaltszahlung reicht völlig aus.
Der Rest (Urlaub etc.) ist gesetzlich geregelt.
In diesen Verträgen wird oft seitenweise wiederholt, was ohnehin gesetzlich
geregelt ist oder es werden unwirksame Klauseln eingefügt.

Nur wenn über diesen Umfang hinaus Sonderzahlungen oder sonstige
Schmankerln vereinbart wurden, ist die Schriftform hilfreich.

> Mietvertrag,

Ähnlich wie vor beschrieben.

> Eheschließung,

Huch. Das hatte ich bisher garnicht als vertragliche Vereinbarung angesehen.
Dürfte oft als Knebelvertrag durchgehen -> Sittenwidrig :-)

> Hauskauf, Kreditvertrag, Versicherungen und
> Testament.

> Da ist die Schriftform - wo nicht ohnehin vorgeschrieben - meistens ratsam.

Ja, das stimmt wohl.

Bei den Vereinbarungen per Handschlag dachte ich da auch eher an Geschäfte.

Aber das wird dann auch langsam O.T. hier.

--
Jürgen

Re: Schriftform bei Kreditverträgen

am 22.07.2006 08:57:47 von Heiko Nock

Juergen Klein wrote:

> Bis auf wenige Ausnahmen gilt in unserem Rechtssystem die Unschulds-
> vermutung. Jeder, der eine Forderung oder Beschuldigung erhebt, muß
> das beweisen. Keiner muß sich gegenüber unbewiesenen Anschuldigungen
> rechtfertigen.

Kappes. Die Unschuldsvermutung gibt es nur im Strafrecht. Im Zivilrecht
gibt es keine Schuld, da muss jeder die für ihn günstigen Tatumstände
selbst darlegen und beweisen.

--
"Bei erheblichen Körperverletzungen entstehen regelmäßig Schäden, die durch
den Ersatz von Heilungskosten und Verdienstausfall nicht entgolten sind:[..]
Auch kann eine Minderung der Heiratsaussichten hinzukommen (nicht bloß bei
Frauen!)."
-- Dieter Medicus, Schuldrecht I AT 13.Auflage

Re: Schriftform bei Kreditverträgen

am 22.07.2006 11:29:18 von Bernhard Muenzer

Juergen Klein <> writes:
> Hallo Bernhard Muenzer ,
> > Juergen Klein <> writes:
[ den relevanten Satz habe ich wieder eingefügt ]
> > > Bei wirklich wichtigen Dingen habe ich damit - so sonderbar das auch klingen
> > > mag - die besten Erfahrungen gemacht.
> > Unter "wirklich wichtige Dinge" fallen bei mir vor allem Arbeitsvertrag,
>
> Brauchst Du nicht. Mehrfache Gehaltszahlung reicht völlig aus.
> Der Rest (Urlaub etc.) ist gesetzlich geregelt.

Und Du hast auch schon Erfahrungen mit mündlichen Arbeitsverträgen gemacht?

> Nur wenn über diesen Umfang hinaus Sonderzahlungen oder sonstige
> Schmankerln vereinbart wurden, ist die Schriftform hilfreich.

Beispielsweise 5 statt 6 Arbeitstage pro Woche, 40 statt 48 Stunden wöchent-
liche Arbeitszeit und mehr als 4 Wochen Jahresurlaub.

> > Mietvertrag,
>
> Ähnlich wie vor beschrieben.

Und auch damit hast Du schon die besten Erfahrungen gemacht?
--
#!/usr/bin/perl -- -* Nie wieder Nachtschicht! *- -- lrep\nib\rsu\!#
use Inline C=>'void C(){int m,u,e=0;float l,_,I;for(;1840-e;putchar((++e>905
&&942>e?61-m:u)["\t*nl`-llkbzCqfymfvna+qfymfvN#gqbkmqfA "]^3))for(u=_=l=0;79-
(m=e%80)&&I*l+_*_< 6&&28-++u;_=2*l*_+e/80*.09-1,l=I)I=l*l-_*_-2+m/27.;} ';&C