EUR/USD

EUR/USD

am 23.02.2004 11:54:51 von Jens Kutschke

....wie gehts weiter? Die negativen Stimmen(für den Euro) werden immer
lauter, sollte man dies als Kontraindikator ansehen oder sollte man sich
entsprechend positionieren? Was meint Ihr?

Jens



--
Jens Kutschke

Re: EUR/USD

am 23.02.2004 12:26:34 von Oli Kai Paulus

Jens Kutschke wrote:
> ...wie gehts weiter? Die negativen Stimmen(für den Euro) werden immer
> lauter, sollte man dies als Kontraindikator ansehen oder sollte man sich
> entsprechend positionieren? Was meint Ihr?

- die negativen Stimmen, die Du hörst, sind europäische, die sich Sorgen
um den Export machen. Mr. Fed sieht das ganz anders und das hat mehr
Gewicht. Also fällt der Dollar weiter.
- Die EZB äußert hier und da Bedenken, aber im Gegensatz zu den
Japanern, die das längst tun, interveniert sie bislang nicht. Also fällt
der Dollar weiter.
- der aktuelle Kursanstieg des Dollar hat überhaupt keine fundamentalen
Gründen sondern ausschließlich psychologische auf der Seite der
Spekulanten. In den letzten zwei Jahren ist der Euro von 80 Cent auf
knapp 1,30 Dollar gestiegen. Bei jeder 10-Cent-Grenze hat es eine
abwartende Phase mit vorübergehendem Rückgang gegeben, danach ist er
relativ rapide auf die nächste 10er-Grenze zu marschiert. So ist es
jetzt eben auch. Also fällt der Dollar weiter.
- Nach seiner Wiederwahl stellt Putin die russische Ölabrechnung auf
Euro um, um sich näher an Europa zu binden und dafür gewisse
Gegenleistungen zu bekommen. Das bringt die Amerikaner in große
Schwierigkeiten, also fällt der Dollar weiter.
- die Wirtschaftspolitik von Bush vergrößert die Verschuldung und das
Handelsbilanzdefizit. Selbst bei Zunahme des BIP stagniert die
Arbeitslosenzahl. Wer auf Fundamentaldaten achtet, läßt den Dollar
weiter fallen, weil die langfristigen Perspektiven in den USA sich nicht
erholen.
- im Irak ziehen sich die USA irgendwann entnervt zurück und es
entstehen 1-3 Staaten, von denen mindestens einer streng konfessionell
orientiert ist und sich zum Iran gesellt. Bin Laden wird nie gefasst,
weil er längst tot ist. Macht den Dollar auch nicht stärker.
- das bestehende Zinsgefälle zwischen den USA und der EU lässt den
Dollar weiter fallen. Die EZB senkt die Zinsen nicht, weil das außer der
BRD in der EU keiner braucht. Die Amerikaner heben ihre nicht an, weil
Mr. Fed keinen Bedarf sieht.

Es kann natürlich auch anders gehen:

- die Meinung der Spekulanten dreht, alle verkaufen ihre Euronen also
steigt der Dollar.
- die EZB probiert es wirklich mal und kauft Laster voll Dollar, dann
wird er wohl steigen.
- GWB wird nicht wiedergewählt, JFK siegt und die USA erstrahlen in
einem rosa Hoffnungsschimmer. Alle kaufen Dollar.
- die USA vermitteln einen dauerhaften Nahostfrieden, Öl wird billja,
die USA kassieren eine Friedensdividende und der Dollar steigt.
- China gerät in innenpolitisch schweres Fahrwasser, der Aufstieg zur
Supermacht wird gebremst, die Wirtschaft lahmt, die USA importieren
nicht mehr so viel, das Defizit sinkt, in der Krisenstimmung setzen alle
auf US-Bonds und kaufen Dollar. Der Dollar steigt.

Mit anderen Worten: was weiß ich.

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Oli Kai Paulus Bergstraße 18 Fon +49.30.28390731
D-10115 Berlin Fon +49.172.3914294

Re: EUR/USD

am 23.02.2004 13:59:51 von Wolfgang Garbe

Oli Kai Paulus schrieb am 23.02.2004, 12:26 Uhr:

[Gründe für weiter schwachen Dollar]

> - Nach seiner Wiederwahl stellt Putin die russische Ölabrechnung auf
> Euro um, um sich näher an Europa zu binden und dafür gewisse
> Gegenleistungen zu bekommen. Das bringt die Amerikaner in große
> Schwierigkeiten, also fällt der Dollar weiter.

Der Petro-Euro. Ob sich das das jetzige US-Regime so ohne weiteres
gefallen ließe? Ich sehe da schon die Falken die Generalmobilmachung
ausrufen. Nach dem Motto: Wehret allen Anfängen...

> Es kann natürlich auch anders gehen:

[Gründe für Dollarerholung]

> Mit anderen Worten: was weiß ich.

Das macht doch nichts. Wichtig ist, dass wir mal drüber gesprochen haben.
;-)

Gruß,
Wolfgang

--
Keiner kommt hier lebend raus.

Re: EUR/USD

am 23.02.2004 14:09:12 von Michael Blunck

Oli Kai Paulus scripsit:

>> ...wie gehts weiter? [...]

[Ambivalenz]

Schöne Zusammenfassung, Oli. Genau das macht Währungsspekulation auf mehr als
kurzfristige Sicht so schwierig bis gefährlich. Und deshalb lassen viele der
Altposter hier ja auch lieber die Finger davon, nicht wahr Wolfgang? :o)

Gruß
Michael

Re: EUR/USD

am 23.02.2004 14:50:55 von Wolfgang Garbe

Michael Blunck schrieb am 23.02.2004, 14:09 Uhr:

> [Ambivalenz]
>
> Schöne Zusammenfassung, Oli. Genau das macht Währungsspekulation auf
> mehr als kurzfristige Sicht so schwierig bis gefährlich. Und deshalb
> lassen viele der Altposter hier ja auch lieber die Finger davon,
> nicht wahr Wolfgang? :o)

Was nicht ist, kann ja noch werden. Ich will es nicht ausschließen
irgendwann auch mal wieder mit Währungen zu spekulieren. Aber wenn es
mehr als bloß ein Spiel sein soll, setzt das eigentlich die gründliche
Analyse ganzer Volkswirtschaftsblöcke, samt dahinter stehender
politischer Interessen voraus, die ich momentan (noch) nicht leisten will
und kann. Und nur auf den Fakt, diese oder jene Leistungs-/ und/oder
Haushaltsbilanz sei negativ, möchte ich mich nicht allein verlassen.

Nein, ich bleibe im Moment beim Stockpicking und der Analyse einzelner
Unternehmen. Auch das ist schon zeitfüllend genug, zumal auch diese
Baustelle gerade mal ihr Richtfest hinter sich hat.

Gruß,
Wolfgang

--
Keiner kommt hier lebend raus.

Re: EUR/USD

am 23.02.2004 16:18:07 von Michael Suhr

Hi Jens,

nun, ich denke einmal, dass langfristig der Dollar wieder
erstarken wird. Amerikas Präsidenten wechseln, die
Politik aber bleibt (Weil von den Finanzkräftigen so
gewünscht.). Also verhält es sich wohl wie immer, bald
steigt der Dollar, bald danach fällt er wieder.

Siemens soll übrigens mit 1,30 Umrechnungskurs als
schlimmsten Fall rechnen. Ist aber ein Gerücht...


Schönen Gruss

Michael

Re: EUR/USD

am 23.02.2004 17:36:35 von Oli Kai Paulus

Michael Suhr wrote:
> Siemens soll übrigens mit 1,30 Umrechnungskurs als
> schlimmsten Fall rechnen. Ist aber ein Gerücht...

Gerücht würde ich das nicht nennen:

--
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Oli Kai Paulus Bergstraße 18 Fon +49.30.28390731
D-10115 Berlin Fon +49.172.3914294

Re: EUR/USD

am 23.02.2004 19:34:25 von Josef Kovatch

Hey Oli Kai,
>Gerücht würde ich das nicht nennen:
>

Wenn die Firma Siemens Ihre Produkte weiter gut verkaufen kann, ist der
Wechselkurs völlig
egal.

JoKo

Re: EUR/USD

am 23.02.2004 19:57:49 von usenet

Oli Kai Paulus schrieb:

> - Die EZB äußert hier und da Bedenken, aber im Gegensatz zu den
> Japanern, die das längst tun, interveniert sie bislang nicht. Also fällt
> der Dollar weiter.

Wenn man sieht, was die Interventionen den Japanern gebracht haben,
scheint es mir besser zu sein, wenn die EZB das auch weiterhin bleiben
läßt.

Gruß
Sigrid

--
************** **************
Unter werden noch Mitstreiter bei der
Erstellung eines Einkommensteuer-Programms unter Linux gesucht.
Programmierkenntnisse sind nicht erforderlich.

Re: EUR/USD

am 23.02.2004 20:01:47 von usenet

Oli Kai Paulus schrieb:

> Michael Suhr wrote:
> > Siemens soll übrigens mit 1,30 Umrechnungskurs als
> > schlimmsten Fall rechnen. Ist aber ein Gerücht...
>
> Gerücht würde ich das nicht nennen:
>

Dort steht, daß Siemens für das laufende Geschäftsjahr mit einem
Durchschnittskurs von 1,30 rechnet. Demnach geht man also davon aus,
daß der Euro darüber hinaus steigen wird.

Gruß
Sigrid

--
************** **************
Unter werden noch Mitstreiter bei der
Erstellung eines Einkommensteuer-Programms unter Linux gesucht.
Programmierkenntnisse sind nicht erforderlich.

Re: EUR/USD

am 23.02.2004 21:34:09 von schlueter

Am/On Mon, 23 Feb 2004 20:01:47 +0100, Sigrid Wörsdörfer
<> schrieb/wrote:

> Oli Kai Paulus schrieb:
>
> > Michael Suhr wrote:
> > > Siemens soll übrigens mit 1,30 Umrechnungskurs als
> > > schlimmsten Fall rechnen. Ist aber ein Gerücht...
> >
> > Gerücht würde ich das nicht nennen:
> >
>
> Dort steht, daß Siemens für das laufende Geschäftsjahr mit einem
> Durchschnittskurs von 1,30 rechnet. Demnach geht man also davon aus,
> daß der Euro darüber hinaus steigen wird.

Mindestens bis 1,41!

--
Jürgen Schlüter
Westphalia, Germany
PGP: 0x5658AE4C
ICQ: 6274154

Re: EUR/USD

am 23.02.2004 21:46:15 von Jens Kubieziel

Sigrid Wörsdörfer <> wrote:
> Wenn man sieht, was die Interventionen den Japanern gebracht haben,
> scheint es mir besser zu sein, wenn die EZB das auch weiterhin bleiben
> läßt.

Seit ich denken kann, waren diese Aktionen unsinnig. IMHO macht es nur
Sinn, wenn eine stark über(ver)kaufte Situation vorliegt und die
Zentralbank den Auslöser für diverse Shorteindeckungen spielt. Ansonsten
sind die Marktmächte i.d.R. stärker als die meisten Zentralbanken dieser
Welt.
--
Jens Kubieziel
A long memory is the most subversive idea in America.

Re: EUR/USD

am 24.02.2004 01:02:42 von Oli Kai Paulus

Sigrid Wörsdörfer wrote:
> Oli Kai Paulus schrieb:
>>
>>Gerücht würde ich das nicht nennen:
>>
>
> Dort steht, daß Siemens für das laufende Geschäftsjahr mit einem
> Durchschnittskurs von 1,30 rechnet. Demnach geht man also davon aus,
> daß der Euro darüber hinaus steigen wird.

ja doch, ich wollte nur sagen, daß die Kombination "Euro für 1,3$" und
"Siemens" kein Gerücht ist, sondern von Pierer stammt.

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Oli Kai Paulus Bergstraße 18 Fon +49.30.28390731
D-10115 Berlin Fon +49.172.3914294

Re: EUR/USD

am 24.02.2004 13:21:38 von Gerd Roppelt

Jens Kutschke <> schrieb:

> ...wie gehts weiter? Die negativen Stimmen(für den Euro)
> werden immer lauter, sollte man dies als Kontraindikator
> ansehen oder sollte man sich entsprechend positionieren? Was
> meint Ihr?

Solange der DX seinen Abwärtstrend nicht nachhaltig hinter sich
gelassen hat, würde ich mich heraushalten. Der DX könnte
vielleicht noch bis unter 80 fallen, wo er '92 schon mal war.
Was nicht heißen muß, daß dann Schluß wäre.

Wirf mal einen Blick auf
<>.

Schönen Gruß
Gerd

Re: EUR/USD

am 24.02.2004 14:38:59 von Michael Blunck

Gerd Roppelt scripsit:

> Solange der DX seinen Abwärtstrend nicht nachhaltig hinter sich
> gelassen hat, würde ich mich heraushalten. Der DX könnte
> vielleicht noch bis unter 80 fallen, wo er '92 schon mal war.
> Was nicht heißen muß, daß dann Schluß wäre.

In der Tat spiegelt der DX den Verlauf der verfehlten Aussen- und
Wirtschaftspolitik des amtierenden Präsidenten wesentlich besser wider als es zB
der DJIA tut.

Gruß
Michael

Re: EUR/USD

am 24.02.2004 19:53:43 von spam.2003.05

On Mon, 23 Feb 2004 19:57:49 +0100, Sigrid Wörsdörfer wrote:

> Oli Kai Paulus schrieb:
>
>> - Die EZB äußert hier und da Bedenken, aber im Gegensatz zu den
>> Japanern, die das längst tun, interveniert sie bislang nicht. Also fällt
>> der Dollar weiter.
>
> Wenn man sieht, was die Interventionen den Japanern gebracht haben,
> scheint es mir besser zu sein, wenn die EZB das auch weiterhin bleiben
> läßt.

So ist es... trotzdem waren einige Blättchen wieder willens und in der
Lage, Schwankungen in der Größenordnung der halben durchschnittlichen
Tagesvolatilität kausal auf die Interventionen der japanischen
Zentralbank zurückzuführen. Das glaube wer will.

--
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with the word 'impossible'. He knows all the rules which will not work.
He knows all the things which cannot be done." -- Napoleon Hill
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Re: EUR/USD

am 27.02.2004 11:41:47 von Oli Kai Paulus

Oli Kai Paulus wrote:
[spontan erfundene Begründungen für den Wechselkurs]

so schlecht war ich gar nicht. Hier mal zum Vergleich was Detlev
Rettinger, "Chefredaktuer des Börsenbriefs Devisen-Trader", zu dem Thema
absondert. Hat das nun mehr Hand und Fuß? Ich weiß ja nicht...

Euro/US-Dollar: Langfristige Analyse

Die US-Wirtschaft hat sich seit der zweiten Jahreshälfte stark
entwickelt. Initialzündung für den Aufschwung waren die Ausgaben für
Rüstung und Sicherheit der Bush-Regierung sowie Steuersenkungen. Das
Wachstum hat sich aber inzwischen über die gesamte Wirtschaft verteilt
und auch zu einem Auflösen des Investitionsstaus geführt. Allerdings ist
der Aufschwung bisher nicht so stark wie gewünscht am Arbeitsmarkt
angekommen. Die US-Notenbank Fed wird daher aller Voraussicht nach bis
weit in die zweite Jahreshälfte hinein an ihrer Niedrigzinspolitik
festhalten. Solange sich aber keine Zinswende in den USA abzeichnet,
dürfte auch der Abwertungsdruck auf den US-Dollar anhalten. Zumal von
der Europäischen Zentralbank trotz der Forderungen vieler
Verantwortlicher aus Politik und Wirtschaft wohl keine weiteren
Zinssenkungen zu erwarten sind.

Charttechnisch befindet sich Euro/Dollar seit dem fulminanten Kusanstieg
zur Jahreswende 2003/04 in einer Konsolidierungsphase. Dabei testet
Euro/Dollar aktuell im Bereich 1,23/1,24 Dollar eine entscheidende
Unterstützung. Hält diese Marke dem Test stand, dann dürfte es
mittelfristig erst einmal wieder nach oben gehen. Ob dabei die viel
zitierte Marke von 1,30 Dollar erreicht werden kann, ist allerdings
aktuell noch ungewiss. Zwar befindet sich der Trendfolgeindikator MACD
im Wochenchart noch im expansiven Bereich, aber die Top-Bildung bei
diesem Indikator könnte mittelfristig eine Trendwende ankündigen.

Pro und Contra

- Das Zinsgefälle zugunsten Eurolands macht Anlagen in Dollar relativ
unattraktiv
- Das „Zwillingsdefizit“ der USA in Handelsbilanz und Staatshaushalt
setzt den Greenback unter Druck
- Der Aufschwung kommt bislang nicht am Arbeitsmarkt an

- Die US-Wirtschaft wächst stärker als die in Euroland
- Kursanstiege an den US-Wertpapiermärkten sorgen für Zufluss von
ausländischem Kapital in die USA


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