Anforderungen an den wichtigen Grund bei fristloser Kündigung

Anforderungen an den wichtigen Grund bei fristloser Kündigung

am 01.06.2005 13:23:30 von nina.heussen

Hallo,

ich bin auf der Suche nach Urteilen, die sich mit folgender Frage
beschäftigen:

gibt es andere (leichtere) Anforderungen an den wichtigen Grund bei
einer fristlosen Kündigung (hier eines Dauerschuldvhs), wenn die
ordentliche Kündigung vertraglich ausgeschlossen ist?

Ich bin für jeden Tip dankbar, gerne auch aus anderen Rechtsgebieten
(z.B. Arbeitsrecht).

LG
Nina

Re: Anforderungen an den wichtigen Grund bei fristloser

am 01.06.2005 13:49:52 von e.naundorf

schrieb:

> gibt es andere (leichtere) Anforderungen an den wichtigen Grund bei
> einer fristlosen Kündigung (hier eines Dauerschuldvhs), wenn die
> ordentliche Kündigung vertraglich ausgeschlossen ist?

Tendenziell nein. Aber lasset uns singen:

.... es kommt auf den Einzelfall ... ;-)

Dogmatisch gesehen wäre es jedenfalls problematisch,
den Ausschluss der ordentlichen Kündigung zu "unterlaufen".
Aber ich würde mal immer feste prüfen, ob der Ausschluss
_wirksam_ ist ... das ist er nämlich des öfteren nicht.

--
Dr. Christian E. Naundorf alias CEN
"Go not to DE.SOC.RECHT.MISC for counsel,
for it is subtle and quick to anger."
(With apologies to Frodo, Gildor, and JRRT)

Re: Anforderungen an den wichtigen Grund bei fristloser Kündigung

am 01.06.2005 17:22:43 von Thomas.Kaufmann

<> schrieb:

> gibt es andere (leichtere) Anforderungen an den wichtigen Grund bei
> einer fristlosen Kündigung (hier eines Dauerschuldvhs), wenn die
> ordentliche Kündigung vertraglich ausgeschlossen ist?

Hallo Nina,

es erscheint mir notwendig, daß Du Deine Frage konkretisierst. Soweit ich
Dich verstehe geht es um einen Vertrag, in dem die ordentliche Kündigung
ausgeschlossen wurde. Eine ordentliche Kündigung, d.h. eine Kündigung ohne
einen bestimmten Grund, kann nicht ausgeschlossen, sondern allenfalls
beschränkt werden. Die jeweiligen Voraussetzungen einer außerordentlichen
Kündigung aus wichtigem Grund werden dadurch im übrigen nicht beeinflußt.

Gruß, Thomas

Re: Anforderungen an den wichtigen Grund bei fristloser Kündigung

am 01.06.2005 17:27:01 von Holger Pollmann

"Thomas Kaufmann" <> schrieb:

> Eine ordentliche Kündigung, d.h. eine Kündigung ohne einen
> bestimmten Grund, kann nicht ausgeschlossen, sondern allenfalls
> beschränkt werden.

Das stimmt nicht. Geht sogar im Arbeitsrecht, wo zumindest früher mal in
bestimmten tarifverträgen für Arbeitnehmer mit einer bestimmten
Anstellungsdauer ein Kündigungsschutz implementiert war; da war dann keine
ordentliche Kündigung mehr möglich.

--
( ROT-13 if you want to email me directly: )
"Sie tragen Trauer? Der Untergang der DDR?" - "Nein, Leni Riefenstahl. Der
Führer hat sie zu sich genommen." -- Abschiedsshow Scheibenwischer,
02.10.2003

Re: Anforderungen an den wichtigen Grund bei fristloser Kündigung

am 01.06.2005 18:50:54 von Thomas.Kaufmann

"Holger Pollmann" <> schrieb im Newsbeitrag
news:

> > Eine ordentliche Kündigung, d.h. eine Kündigung ohne einen
> > bestimmten Grund, kann nicht ausgeschlossen, sondern allenfalls
> > beschränkt werden.
>
> Das stimmt nicht. Geht sogar im Arbeitsrecht, wo zumindest früher mal in
> bestimmten tarifverträgen für Arbeitnehmer mit einer bestimmten
> Anstellungsdauer ein Kündigungsschutz implementiert war; da war dann keine
> ordentliche Kündigung mehr möglich.

Nach § 9 MuSchG etwa besteht ein zeitweiliges Kündigungsverbot.
Schwerbehinderte genießen ohne die Zustimmung der Hauptfürsorgestelle
ebenfalls Kündigungsschutz. Das sind fraglos Beispiele für eine zulässige
gesetzliche Beschränkungen der Kündigungsfreiheit. Der OP sprach aber von
einem unbefristeten Dauerschuldverhältnis, das eine vertragliche
Ausschlußklausel enthält. Unklar ist, ob ein außerordentliches
Kündigungsrecht vereinbart ist. Eine von mir eingeforderte Konkretisierung
des Sachverhalts durch den OP blieb bisher aus. Da hierzu nichts weiter
gesagt wurde, gehe ich nicht von einer solchen Vereinbarung aus. Es geht
folglich um ein Endlosverhältnis, das kein Kündigungsrecht kennt. Wenn schon
Bierlieferungsverträge mit einer begrenzten Laufzeit von 30 Jahren nach der
Rechtsprechung sittenwidrig sind, wieso dann nicht Verträge mit unbegrenzter
Laufzeit? Der BGH läßt jedenfalls den individualrechtlichen
Kündigungsausschluß nur in den Grenzen des § 138 BGB zu, unabhängig von der
Frage, ob ein Kündigungsrecht nach § 314 BGB besteht. Auf diesen Umstand
bezog ich mich, als ich von einer Kündigungsbeschränkung sprach. Darauf
bezog sich auch CEN ist seinem Posting, als er eine genaue Prüfung der
Ausschlußklausel anmahnte.

Gruß, Thomas

Re: Anforderungen an den wichtigen Grund bei fristloser Kündigung

am 01.06.2005 19:35:31 von Holger Pollmann

"Thomas Kaufmann" <> schrieb:

>> Das stimmt nicht. Geht sogar im Arbeitsrecht, wo zumindest früher
>> mal in bestimmten Tarifverträgen für Arbeitnehmer mit einer
>> bestimmten Anstellungsdauer ein Kündigungsschutz implementiert
>> war; da war dann keine ordentliche Kündigung mehr möglich.
>
> Nach § 9 MuSchG etwa besteht ein zeitweiliges Kündigungsverbot.
> Schwerbehinderte genießen ohne die Zustimmung der
> Hauptfürsorgestelle ebenfalls Kündigungsschutz. Das sind fraglos
> Beispiele für eine zulässige gesetzliche Beschränkungen der
> Kündigungsfreiheit. Der OP sprach aber von einem unbefristeten
> Dauerschuldverhältnis, das eine vertragliche Ausschlußklausel
> enthält.

Ich auch. Von gesetzlichem Ausschluß schrieb ich nichts.

--
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Re: Anforderungen an den wichtigen Grund bei fristloser Kündigung

am 01.06.2005 20:10:26 von Thomas Kaufmann

"Holger Pollmann" <> schrieb im Newsbeitrag
news:

> "Thomas Kaufmann" <> schrieb:
>
> >> Das stimmt nicht. Geht sogar im Arbeitsrecht, wo zumindest früher
> >> mal in bestimmten Tarifverträgen für Arbeitnehmer mit einer
> >> bestimmten Anstellungsdauer ein Kündigungsschutz implementiert
> >> war; da war dann keine ordentliche Kündigung mehr möglich.
> >
> > Nach § 9 MuSchG etwa besteht ein zeitweiliges Kündigungsverbot.
> > Schwerbehinderte genießen ohne die Zustimmung der
> > Hauptfürsorgestelle ebenfalls Kündigungsschutz. Das sind fraglos
> > Beispiele für eine zulässige gesetzliche Beschränkungen der
> > Kündigungsfreiheit. Der OP sprach aber von einem unbefristeten
> > Dauerschuldverhältnis, das eine vertragliche Ausschlußklausel
> > enthält.
>
> Ich auch. Von gesetzlichem Ausschluß schrieb ich nichts.

Du hast ein Beispiel einer tarifvertraglich vereinbarten Rechtsnorm genannt.
Meine Beispiele kamen aus dem Bereich des gesetzlichen Kündigungsschutzes.
Allen ist gemein, daß sie mit der Fallgestaltung des OP nichts zu tun haben.

Gruß, Thomas

Re: Anforderungen an den wichtigen Grund bei fristloserKündigung

am 01.06.2005 23:05:45 von Heiko Nock

wrote:

> ich bin auf der Suche nach Urteilen, die sich mit folgender Frage
> beschäftigen:
> gibt es andere (leichtere) Anforderungen an den wichtigen Grund bei
> einer fristlosen Kündigung (hier eines Dauerschuldvhs), wenn die
> ordentliche Kündigung vertraglich ausgeschlossen ist?

Es wird im Rahmen der Ultima-Ratio-Prüfung berücksichtigt, weil eine
ordentliche Kündigung dann nicht als milderes Mittel in Betracht kommt.

--
"So hat der Senat in einem Fall, in dem er es als erwiesen ansah, daß ein
(ehrenamtlicher) Richter während der Vernehmung etwa 20 Minuten lang die
Augen geschlossen, den Kopf auf eine Hand gestützt und das Gesicht zum
Fenster gewandt hatte, angenommen, daß der Richter diesem bedeutenden Teil
der Verhandlung wohl nicht mit der gebührenden Aufmerksamkeit gefolgt sei."
-- BVerwG, Urteil vom 24. Januar 1986 (NJW 1986,2721)

Re: Anforderungen an den wichtigen Grund bei fristloser Kündigung

am 01.06.2005 23:19:40 von Holger Pollmann

"Thomas Kaufmann" <> schrieb:

>> Ich auch. Von gesetzlichem Ausschluß schrieb ich nichts.
>
> Du hast ein Beispiel einer tarifvertraglich vereinbarten
> Rechtsnorm genannt.

Ich würde den Inhalt von Tarifverträgen nicht als Rechtsnormen ansehen,
zumindest nicht, solange keine Allgemeinverbindlichkeitserklärung erfolgt
ist.

--
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Der Führer hat sie zu sich genommen." -- Abschiedsshow Scheibenwischer,
02.10.2003

Re: Anforderungen an den wichtigen Grund bei fristloser

am 02.06.2005 00:35:36 von e.naundorf

Thomas Kaufmann schrieb:

> Es geht
> folglich um ein Endlosverhältnis, das kein Kündigungsrecht kennt.

Muss nicht. Der typische Fall des Ausschlusses der ord. Kü.
ist doch gerade ein von vornherein befristeter Vertrag.
Der ist trotzdem "Dauerschuldverhältnis", auch wenn er
nicht "beliebig" dauert (befristeter Arbeitsvertrag,
befristeter Mietvertrag). Aber da gibt es eben allerhand
Fußangeln, im Arbeits- und Mietrecht zumal. - Aber Du
hast schon recht: _etwas_ konkreter könnte OP schon werden.

--
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for it is subtle and quick to anger."
(With apologies to Frodo, Gildor, and JRRT)

Re: Anforderungen an den wichtigen Grund bei fristloser Kündigung

am 02.06.2005 08:42:18 von Thomas Kaufmann

"Holger Pollmann" <> schrieb im Newsbeitrag
news:

> Ich würde den Inhalt von Tarifverträgen nicht als Rechtsnormen ansehen,
> zumindest nicht, solange keine Allgemeinverbindlichkeitserklärung erfolgt
> ist.

Dann wird's Zeit. Als Stichworte nenne ich Dir: § 1 TVG, normativer Teil des
TV, herrschende Delegationstheorie.

Gruß, Thomas

Re: Anforderungen an den wichtigen Grund bei fristloser Kündigung

am 02.06.2005 09:49:23 von Thomas Kaufmann

"Christian E. Naundorf" schrieb:

> > Es geht
> > folglich um ein Endlosverhältnis, das kein Kündigungsrecht kennt.
>
> Muss nicht. Der typische Fall des Ausschlusses der ord. Kü.
> ist doch gerade ein von vornherein befristeter Vertrag.
> Der ist trotzdem "Dauerschuldverhältnis", auch wenn er
> nicht "beliebig" dauert (befristeter Arbeitsvertrag,
> befristeter Mietvertrag). Aber da gibt es eben allerhand
> Fußangeln, im Arbeits- und Mietrecht zumal. - Aber Du
> hast schon recht: _etwas_ konkreter könnte OP schon werden.

Zudem kommt man sich etwas verschaukelt vor, wenn das gleiche Posting auch
unter dem Namen Jana kursiert
(news:)

Gruß, Thomas