Ausschüttung bei Verschmelzung zur Neugründung? <= Handelsrechtler gesucht

Ausschüttung bei Verschmelzung zur Neugründung? <= Handelsrechtler gesucht

am 21.08.2005 23:14:38 von Lukas Schwaberl

Hallo zusammen!

Ich bin leider kein großer Handelsrechtler. Gibt es hier jmd der sich
mit Verschmelzungen zur Neugründung auf eine SE auskennt?

Eine luxemburgische SE (Societas Europaea, Europäische
Aktiengesellschaft) entsteht rückwirkend zum 1.3.2005 durch
Verschmelzung zur Neugründung einer österreichische AG und einer
luxemburgischen AG. In der Gründungs-(Eröffnungs-)bilanz werden die
handelsrechtlichen Kapitalstände der übertragenden AG's wahrscheinlich
als Grundkapital und als ungebundene Kapitalrücklagen ausgewiesen. In
der Gründungs-(Eröffnungs-)bilanz zum 1.3.2005 wird demnach kein
Bilanzgewinn ausgewiesen.
Das bedeutet meines Erachtens jedoch nicht, dass während des
Geschäftsjahres 1.3.2005-28.2.2006 keine Dividendenausschüttung
stattfinden kann. Der verteilbare Bilanzgewinn (§ 224 Abs 3 A IV HGB)
muss sich im Fall einer Verschmelzung zu Neugründung aus den
Jahresabschlüssen der übertragenden Gesellschaften ergeben. Es ist
meines Erachtens nicht einzusehen, warum eine Verschmelzung
(Gesamtrechtsnachfolge) einer Gewinnverteilung im Wege stehen sollte.
Eine gesetzliche Bestimmung gibt es diesbezüglich nicht
(Analogieschluss), oder?
Die Hauptversammlung der SE, als für die Gewinnverteilung zuständiges
Organ, ist beim Gewinnverteilungsbeschluss, an die festgestellten
Jahresabschlüsse der übertragenden Gesellschaften gebunden. Nicht
gebunden ist die Hauptversammlung der SE jedoch an eventuell bereits
von den Organgen der übertragenden Gesellschaften gefassten
Gewinnverteilungsbeschlüsse. Sollten daher die Organe der
übertragenden Gesellschaften bereits beschlossen haben, dass die in
den festgestellten Jahresabschlüssen zum 28.2.2005 ausgewiesenen
Bilanzgewinne auf neue Rechnung vorgetragen werden, kann dies durch
einen neuen Beschluss der Hauptversammlung der SE geändert werden.
Solange der Bilanzgewinn nicht vollständig ausgeschüttet oder in
Rücklagen übertragen worden ist, spricht nichts gegen eine wiederholte
Beschlussfassung. Soweit der Gewinn daher durch vorherige Beschlüsse
in den Gewinnvortrag übertragen wurde, die die Hauptversammlung der SE
"neuerlich" zusammentreten und über den noch nicht ausgeschütteten und
als Gewinnvortrag zurückgebliebenen Teil beschließen.

Stimmen meine obigen Ausführungen? Kann mir eventuell jmd
weiterhelfen?

Danke Gruß Lukas

Re: Ausschüttung bei Verschmelzung zur Neugründung? <= Handelsrechtler gesucht

am 22.08.2005 09:25:52 von Michael Freischlad

Hallo Lukas,

Lukas Schwaberl schrieb:

> Eine luxemburgische SE (Societas Europaea, Europäische
> Aktiengesellschaft) entsteht rückwirkend zum 1.3.2005 durch
> Verschmelzung zur Neugründung einer österreichische AG und einer
> luxemburgischen AG.

Wo ist denn der Sitz der Gesellschaft?

> In der Gründungs-(Eröffnungs-)bilanz werden die
> handelsrechtlichen Kapitalstände der übertragenden AG's wahrscheinlich
> als Grundkapital und als ungebundene Kapitalrücklagen ausgewiesen.

Was steht denn im Gründungsvertrag? Ist es eine Bar- oder eine
Sachgründung (in Form der eingebrachten WG der verschmolzenen
Gesellschaften)?

> der Gründungs-(Eröffnungs-)bilanz zum 1.3.2005 wird demnach kein
> Bilanzgewinn ausgewiesen.

Im deutschen Handelsrecht wird eine Verschmelzung als
"laufender" Vorgang, also ggf. gewinnwirksam erfasst.
Eine Verschmelzungs-(Eröffnungs-)Bilanz ist mE daher
nicht nötig. Lediglich eine Eröffnungsbilanz für die
Neugründung.

> Das bedeutet meines Erachtens jedoch nicht, dass während des
> Geschäftsjahres 1.3.2005-28.2.2006 keine Dividendenausschüttung
> stattfinden kann. Der verteilbare Bilanzgewinn (=A7 224 Abs 3 A IV HGB)
> muss sich im Fall einer Verschmelzung zu Neugründung aus den
> Jahresabschlüssen der übertragenden Gesellschaften ergeben. Es ist

Eine addierte Übernahme der einzelnen Bilanzgewinne scheint
mir nicht richtig zu sein.

> meines Erachtens nicht einzusehen, warum eine Verschmelzung
> (Gesamtrechtsnachfolge) einer Gewinnverteilung im Wege stehen sollte.
> Eine gesetzliche Bestimmung gibt es diesbezüglich nicht
> (Analogieschluss), oder?

Wenn die Übertragung zu einem (laufenden) Gewinn führt, so
kann dieser mE auch ausgeschüttet werden.

Allerdings kann ich nur aus deutscher Sicht sprechen.

Gruß
Michael

Re: Ausschüttung bei Verschmelzung zur Neugründung? <= Handelsrechtler gesucht

am 22.08.2005 09:25:52 von Florian Kleinmanns

"Michael Freischlad" <> schrieb:
>Im deutschen Handelsrecht wird eine Verschmelzung als
>"laufender" Vorgang, also ggf. gewinnwirksam erfasst.
>Eine Verschmelzungs-(Eröffnungs-)Bilanz ist mE daher
>nicht nötig.

§§ 36, 17 II UmwG schreiben Verschmelzungsbilanzen vor. Aber das mag in
Österreich oder Luxemburg anders sein.

Grüße
Florian
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Re: Ausschüttung bei Verschmelzung zur Neugründung? <= Handelsrechtler gesucht

am 22.08.2005 10:21:38 von Lukas Schwaberl

On 22 Aug 2005 00:31:30 -0700, "Michael Freischlad"
<> wrote:

Hallo Michael,
danke für dein Feedback!

>Hallo Lukas,
>
>Lukas Schwaberl schrieb:
>
>> Eine luxemburgische SE (Societas Europaea, Europäische
>> Aktiengesellschaft) entsteht rückwirkend zum 1.3.2005 durch
>> Verschmelzung zur Neugründung einer österreichische AG und einer
>> luxemburgischen AG.
>
>Wo ist denn der Sitz der Gesellschaft?

Der Sitz der Gesellschaft ist Luxemburg.
>
>> In der Gründungs-(Eröffnungs-)bilanz werden die
>> handelsrechtlichen Kapitalstände der übertragenden AG's wahrscheinlich
>> als Grundkapital und als ungebundene Kapitalrücklagen ausgewiesen.
>
>Was steht denn im Gründungsvertrag? Ist es eine Bar- oder eine
>Sachgründung (in Form der eingebrachten WG der verschmolzenen
>Gesellschaften)?

Es handelt sich um eine Sachgründung Kraft Gesetz (SE-Verordnung).
>
>> der Gründungs-(Eröffnungs-)bilanz zum 1.3.2005 wird demnach kein
>> Bilanzgewinn ausgewiesen.
>
>Im deutschen Handelsrecht wird eine Verschmelzung als
>"laufender" Vorgang, also ggf. gewinnwirksam erfasst.
>Eine Verschmelzungs-(Eröffnungs-)Bilanz ist mE daher
>nicht nötig. Lediglich eine Eröffnungsbilanz für die
>Neugründung.
>
Nach dem österreichischen Handelsrecht wird eine
Konzentrationsverschmelzung als Einlage behandelt. Zum 1.3.2005 gehen
die Vermögenswerte und Schulden durch Gesamtrechtsnachfolge auf die
übernehmende Gesellschaft über. Zum 1.3.2005 kommt es zu keiner
Gewinnverwirklichung. Lediglich das laufende Ergebnis seit dem
Verschmelzungsstichtag wird rückwirkend eingebucht. Dieses Ergebnis
kann jedoch unterjährig nur durch eine Zwischendividende ausgeschüttet
werden (kompliziert). Mir geht es um die Bilanzgewinne die in den
Schlussbilanzen der übertragenden Gesellschaften ausgewiesen werden.

>> Das bedeutet meines Erachtens jedoch nicht, dass während des
>> Geschäftsjahres 1.3.2005-28.2.2006 keine Dividendenausschüttung
>> stattfinden kann. Der verteilbare Bilanzgewinn (§ 224 Abs 3 A IV HGB)
>> muss sich im Fall einer Verschmelzung zu Neugründung aus den
>> Jahresabschlüssen der übertragenden Gesellschaften ergeben. Es ist
>
>Eine addierte Übernahme der einzelnen Bilanzgewinne scheint
>mir nicht richtig zu sein.
>
>> meines Erachtens nicht einzusehen, warum eine Verschmelzung
>> (Gesamtrechtsnachfolge) einer Gewinnverteilung im Wege stehen sollte.
>> Eine gesetzliche Bestimmung gibt es diesbezüglich nicht
>> (Analogieschluss), oder?
>
>Wenn die Übertragung zu einem (laufenden) Gewinn führt, so
>kann dieser mE auch ausgeschüttet werden.
>
>Allerdings kann ich nur aus deutscher Sicht sprechen.
>
>Gruß
>Michael

Re: Ausschüttung bei Verschmelzung zur Neugründung? <= Handelsrechtler gesucht

am 22.08.2005 11:07:48 von Michael Freischlad

Hallo Florian,

Florian Kleinmanns schrieb:

> "Michael Freischlad" <> schrieb:
> >Im deutschen Handelsrecht wird eine Verschmelzung als
> >"laufender" Vorgang, also ggf. gewinnwirksam erfasst.
> >Eine Verschmelzungs-(Eröffnungs-)Bilanz ist mE daher
> >nicht nötig.
>
> =A7=A7 36, 17 II UmwG schreiben Verschmelzungsbilanzen vor. Aber das mag =
in
> Österreich oder Luxemburg anders sein.

=A7 17 Abs. 2 UmwG schreibt vor, der Anmeldung der Verschmelzung
die "Schlußbilanzen" der übertragenden Rechtsträger beizufügen.

Das ist keine "Verschmelzungsbilanz".

Gruß
Michael

Re: Ausschüttung bei Verschmelzung zur Neugründung? <= Handelsrechtler gesucht

am 22.08.2005 11:13:09 von Michael Freischlad

Hallo Lukas,

Lukas Schwaberl schrieb:
> wrote:
>
> >Wo ist denn der Sitz der Gesellschaft?
>
> Der Sitz der Gesellschaft ist Luxemburg.

Hmm, ich glaube da wird Dir das deutsche Handelsrecht
nicht wirklich weiterhelfen.

Gruß
Michael

Re: Ausschüttung bei Verschmelzung zur Neugründung? <= Handelsrechtler gesucht

am 12.10.2005 20:55:30 von Matthias Reichelt

Hi Lukas,

vorab: interessanter Fall.

Meine Ansicht ist:

1. Aus Sicht der "untergehenden" Gesellschaften:

Diese Gesellschaften haben bspw. ausschüttbare Gewinne (handelsrechtlich
wirksam). Der Zeitpunkt des Gewinnbeschlusses liegt nach dem
Verschmelzungsstichtag. Frage: Können diese Gesellschaften dennoch wirksam
ausschütten? Müsste anhand der Gesetze des einschlägigen Landes geprüft
werden.
Wenn Auschüttung möglich, dann Ausschüttung (wenn auch Beschluß nach
Verschmelzungsstichtag rückwirkend) = Minderung Kapital und danach Eingang
dieser Werte in die Verschmelzungsbilanz.

2. Aus Sicht der "Neugründung"
Eingang der Vermögenswerte und Schulden der untergehenden Gesellschaften in
die Neugründung, Differenzbetrag Kapital. Kein Bilanzgewinn. Es sind aber
ggf. Kapital- oder Gewinnrücklagen da ( §266 Abs. III Punkt A. Eigenkapital
dt. HGB). Ausschüttung von Kapital- und Gewinnrücklagen richtet sich nach
Gesellschaftsvertrag. Sofern erlaubt, ist Ausschüttung dieser 2 Positionen
möglich.

Fazit. Bilanzgewinn der untergehenden Gesellschaften geht unter und geht als
Eigenkapital in der Neugründung auf.
Ob in der Neugründung ausgeschüttet werden darf, hängt vom
Gesellschaftsvertrag ab. Sieht dieser nur Ausschüttung aus den
erwirtschafteten Gewinnen vor, ist m.E. keine Ausschüttung möglich (mangels
Erfüllung der Voraussetzungen).
Natürlich ist richtig, dass das Kapital auch aus ehemaligen Bilanzgewinnen
gespeist wurde. Jedoch fehlt hier der "Durchgriff".
Siehe auch meine Anmerkungen weiter unten.

Gruß Matti

"Lukas Schwaberl" <> schrieb im Newsbeitrag
news:
> Hallo zusammen!
>
> Ich bin leider kein großer Handelsrechtler. Gibt es hier jmd der sich
> mit Verschmelzungen zur Neugründung auf eine SE auskennt?
>
> Eine luxemburgische SE (Societas Europaea, Europäische
> Aktiengesellschaft) entsteht rückwirkend zum 1.3.2005 durch
> Verschmelzung zur Neugründung einer österreichische AG und einer
> luxemburgischen AG. In der Gründungs-(Eröffnungs-)bilanz werden die
> handelsrechtlichen Kapitalstände der übertragenden AG's wahrscheinlich
> als Grundkapital und als ungebundene Kapitalrücklagen ausgewiesen. In
> der Gründungs-(Eröffnungs-)bilanz zum 1.3.2005 wird demnach kein
> Bilanzgewinn ausgewiesen.

Ja!

>Meines Erachtens jedoch nicht, dass während des
> Geschäftsjahres 1.3.2005-28.2.2006 keine Dividendenausschüttung
> stattfinden kann.

Hängt von der Regelungen des Vertrages ab.

> Der verteilbare Bilanzgewinn (§ 224 Abs 3 A IV HGB)
> muss sich im Fall einer Verschmelzung zu Neugründung aus den
> Jahresabschlüssen der übertragenden Gesellschaften ergeben.

Ja!
Die Summe des Bilanzgewinnes der untergehenden Gesellschaften ergeben auch
mit das Kapital der Neugründung.

> meines Erachtens nicht einzusehen, warum eine Verschmelzung
> (Gesamtrechtsnachfolge) einer Gewinnverteilung im Wege stehen sollte.
> Eine gesetzliche Bestimmung gibt es diesbezüglich nicht
> (Analogieschluss), oder?

Gewinnverteilung vor Verschmelzung? Verschmelzung vor Gewinnverteilung?

> Die Hauptversammlung der SE, als für die Gewinnverteilung zuständiges
> Organ, ist beim Gewinnverteilungsbeschluss, an die festgestellten
> Jahresabschlüsse der übertragenden Gesellschaften gebunden.

Die JA sind Grundlage für die Gründungsbilanz/Eröffnungsbilanz, aber kein
Durchgriff.


> Nicht gebunden ist die Hauptversammlung der SE jedoch an eventuell bereits
> von den Organgen der übertragenden Gesellschaften gefassten
> Gewinnverteilungsbeschlüsse.

Ja!

> Sollten daher die Organe der
> übertragenden Gesellschaften bereits beschlossen haben, dass die in
> den festgestellten Jahresabschlüssen zum 28.2.2005 ausgewiesenen
> Bilanzgewinne auf neue Rechnung vorgetragen werden, kann dies durch
> einen neuen Beschluss der Hauptversammlung der SE geändert werden.

Vortrag auf neue Rechnung = keine Ausschüttung= Eingang als Kapital in
Neugründung
Was soll aber die Neugründung an ihrem Eröffnungskapital ändern? Das ist
festgestellt.
Natürlich kann die Neugründung ihr Kapital ausschütten. Aber nicht deshalb,
weils bei der untergehenden Gesellschaft Bilanzgewinn war.

> Solange der Bilanzgewinn nicht vollständig ausgeschüttet oder in
> Rücklagen übertragen worden ist, spricht nichts gegen eine wiederholte
> Beschlussfassung. Soweit der Gewinn daher durch vorherige Beschlüsse
> in den Gewinnvortrag übertragen wurde, die die Hauptversammlung der SE
> "neuerlich" zusammentreten und über den noch nicht ausgeschütteten und
> als Gewinnvortrag zurückgebliebenen Teil beschließen.
>
> Stimmen meine obigen Ausführungen? Kann mir eventuell jmd
> weiterhelfen?

Ich hab´s versucht.

>
> Danke Gruß Lukas
>
Gruß Matti
>