Grundsteuer: Verfassungsbeschwerde (Az. 1 BvR 1644/05)

Grundsteuer: Verfassungsbeschwerde (Az. 1 BvR 1644/05)

am 06.10.2005 12:21:53 von Thomas Homilius

Thema: Grundsteuer und Einspruch gegen "nicht schriftlichen" Bescheid

Wie legt ein Grundstücksbesitzer einen Einspruch gegen seinen
Grundsteuerbescheid ein unter Hinweis des Verfahrens des
BVerfG (Az. 1 BvR 1644/05), wenn nicht jedes Jahr ein neuer Bescheid
erlassen wird? Reicht ein Einspruchn auch für die kommenden jahre oder muss
jedes Jahr ein Einspruch eingelegt werden?

Problem: In dieser Kommune werden keine GrSt-Bescheide mehr erlassen, wenn
sich die Grundsteuer gegenüber dem Vorjahr nicht geändert hat. Ist das
überhaupt rechtlich zulässig? Grundsteuer ist trotzdem zu zahlen!


Thomas

--

Re: Grundsteuer: Verfassungsbeschwerde (Az. 1 BvR 1644/05)

am 06.10.2005 15:19:53 von Matthias Koehler

[Thomas:]

> Problem: In dieser Kommune werden keine GrSt-Bescheide mehr erlassen, wenn
> sich die Grundsteuer gegenüber dem Vorjahr nicht geändert hat. Ist das
> überhaupt rechtlich zulässig? Grundsteuer ist trotzdem zu zahlen!

Wo genau ist denn Dein Problem? Die Grundsteuer ist ja so eine Art
"Dauerschuldverhältnis". Das ist zwar ein Begriff aus dem Zivilrecht, aber
ich finde es auch im fiskalischen Bereich an sich gut, wenn
Verwaltungsaufwand gespart wird.

Was für eine Verfassungsbeschwerde ist denn gegen die Grundsteuer anhängig?

Matthias



--
Matthias Köhler
Film- und Fernsehproduktion

Re: Grundsteuer: Verfassungsbeschwerde (Az. 1 BvR 1644/05)

am 06.10.2005 15:36:56 von axbnospamatall

Am Thu, 06 Oct 2005 15:19:53 +0200, schrieb Matthias Koehler
<> :

>> Problem: In dieser Kommune werden keine GrSt-Bescheide mehr erlassen, wenn
>> sich die Grundsteuer gegenüber dem Vorjahr nicht geändert hat. Ist das
>> überhaupt rechtlich zulässig? Grundsteuer ist trotzdem zu zahlen!
>
>Wo genau ist denn Dein Problem? Die Grundsteuer ist ja so eine Art
>"Dauerschuldverhältnis". Das ist zwar ein Begriff aus dem Zivilrecht, aber
>ich finde es auch im fiskalischen Bereich an sich gut, wenn
>Verwaltungsaufwand gespart wird.

Das Problem liegt darin, wie man gegen einen Bescheid der eine Steuer
über mehrere Jahre festsetzt, verfahrensrechtlich vorgehen kann. Da
die Einspruchsfrist nach § 355 AO bereits im Jahr 1 abgelaufen sein
dürfte, die Festsetzung der Steuer aber Wirkung bis z.B. Jahr 6 hat,
ist die Frage nicht einfach. Ein Änderungsantrag nach § 172 AO dürfte
auch keinen Erfolg haben. Daher wäre zu klären, ob die Festsetzung der
Grundsteuer, die ja eigentlich auch eine Jahressteuer ist, auch ohne
Steuerbescheid erfolgen kann und somit anfechtbar ist.

Mit Dauerschuldverhältnis hat das ganze gar nichts zu tun.

>Was für eine Verfassungsbeschwerde ist denn gegen die Grundsteuer anhängig?




Grüße

Axel

Re: Grundsteuer: Verfassungsbeschwerde (Az. 1 BvR 1644/05)

am 06.10.2005 16:36:46 von Thomas Homilius

Axel Böhm schrieb am Donnerstag, 6. Oktober 2005 15:36:

>>Was für eine Verfassungsbeschwerde ist denn gegen die Grundsteuer
>>anhängig?
>
>

Was mich dabei auch irritiert:
"Legen Sie bei Ihrem Finanzamt gegen noch offene oder neue
Grundsteuermessbescheide innerhalb eines Monats Einspruch ein. Beantragen
Sie darüber hinaus das Ruhen des Verfahrens."

Ist für die Erhebung der GrSt nicht die Gemeinde zuständig? Ist der
Einspruch (oder Widerspruch?) nicht gegen die Gemeinde zu richten? Das
Finanzamt erhebt selbst die Grundsteuer nicht. Muss vorher ein
Finanzgerichts- oder ein Verwaltungsgerichtsverfahren angestrengt werden,
d.h. welche Gerichtsbarkeit ist bei einer Verfassungsbeschwerde zuständig?


Thomas

--

Re: Grundsteuer: Verfassungsbeschwerde (Az. 1 BvR 1644/05)

am 06.10.2005 17:39:26 von axbnospamatall

Am Thu, 06 Oct 2005 16:36:46 +0200, schrieb Thomas Homilius
<> :

>Was mich dabei auch irritiert:
>"Legen Sie bei Ihrem Finanzamt gegen noch offene oder neue
>Grundsteuermessbescheide innerhalb eines Monats Einspruch ein. Beantragen
>Sie darüber hinaus das Ruhen des Verfahrens."
>
>Ist für die Erhebung der GrSt nicht die Gemeinde zuständig?

Der Steuermessbetrag wird vom FA festgestellt und ist
Grundlagenbescheid für die Festsetzung der eigentlichen Grundsteuer,
die von den Gemeinden in einigen Bundesländern aber auch vom Finanzamt
festgesetzt wird.

>Ist der
>Einspruch (oder Widerspruch?)

Im Steuerrecht ist es der Einspruch. Im Verwaltungsrecht oder
Sozialrecht ist es der Widerspruch.

>nicht gegen die Gemeinde zu richten?

Wenn er gegen die Festsetzung der Steuer gerichtet ist ja. Also nur
dann, wenn ein Fehler in der Berechnung der Steuer gemacht wurde.
Ist die Bemessungsgrundlage (Steuermessbetrag) falsch ist der
Einspruch an das Finanzamt zu richten.

Aber dieses Durcheinander hat auch der Gesetgeber erkannt und in § 357
Abs. 2 Satz 2 AO geregelt, dass wegen der Grundsteuer der Einspruch
immer bei der Gemeinde eingelegt werden kann, also auch gegen den
Steuermessbetrag.

>Das
>Finanzamt erhebt selbst die Grundsteuer nicht.

Erhoben wird eine Steuer nie vom Finanzamt. Sie wird immer vom Bund,
den Ländern oder den Gemeinden erhoben. Das Finanzamt verwaltet nur.

Die Grundsteuer wird somit immer von den Gemeinden erhoben, in einigen
Bundesländern übernimmt die Festsetzung aber das Finanzamt (z.B. in
Berlin).

>Muss vorher ein
>Finanzgerichts- oder ein Verwaltungsgerichtsverfahren angestrengt werden,
>d.h. welche Gerichtsbarkeit ist bei einer Verfassungsbeschwerde zuständig?

Für eine Verfassungsbeschwerde ist das Bundesverfassungsgericht
zuständig, wenn Unvereinbarkeit mit dem Grundgesetz festzustellen ist.

Für das normale Verfahren bei der Grundsteuer:
Gegen den Steuermessbescheid ist der Finanzrechtsweg gegeben.
Gegen den Steuerbescheid, wenn ihn das FA erlässt ist auch der
Finanzrechtsweg gegeben.
Gegen den Steuerbescheid, den die Gemeindeverwaltung erlässt, ist der
Verwaltungsrechtsweg gegeben.


Grüße

Axel

Re: Grundsteuer: Verfassungsbeschwerde (Az. 1 BvR 1644/05)

am 06.10.2005 18:10:58 von Daniel Zauft

Thomas Homilius wrote:
> Thema: Grundsteuer und Einspruch gegen "nicht schriftlichen" Bescheid
>
> Wie legt ein Grundstücksbesitzer einen Einspruch gegen seinen
> Grundsteuerbescheid ein unter Hinweis des Verfahrens des
> BVerfG (Az. 1 BvR 1644/05), wenn nicht jedes Jahr ein neuer Bescheid
> erlassen wird? Reicht ein Einspruchn auch für die kommenden jahre oder muss
> jedes Jahr ein Einspruch eingelegt werden?
>
> Problem: In dieser Kommune werden keine GrSt-Bescheide mehr erlassen, wenn
> sich die Grundsteuer gegenüber dem Vorjahr nicht geändert hat. Ist das
> überhaupt rechtlich zulässig? Grundsteuer ist trotzdem zu zahlen!
>
>
> Thomas
>

Hi,

nach § 27 (3) GrStG steht die öffentliche Bekanntmachung bei gleichen
Steuerbeträgen der Festsetzung durch einen schriftlichen Steuerbescheid
gleich. Folge: Bis zu 1 Monat nach der Bekanntmachung kann man Einspruch
einlegen.

Theoretisch müsste jährlich im jeweiligen Amtsblatt der Gemeinde eine
solche Bekanntmachung stehen. Ich kann mich aber nicht daran erinnern,
jemals eine gesehen zu haben ...

Grüße

Daniel

Re: Grundsteuer: Verfassungsbeschwerde (Az. 1 BvR 1644/05)

am 06.10.2005 18:43:40 von axbnospamatall

Am Thu, 06 Oct 2005 18:10:58 +0200, schrieb Daniel Zauft
<> :

>nach § 27 (3) GrStG steht die öffentliche Bekanntmachung bei gleichen
>Steuerbeträgen der Festsetzung durch einen schriftlichen Steuerbescheid
>gleich. Folge: Bis zu 1 Monat nach der Bekanntmachung kann man Einspruch
>einlegen.
>
>Theoretisch müsste jährlich im jeweiligen Amtsblatt der Gemeinde eine
>solche Bekanntmachung stehen. Ich kann mich aber nicht daran erinnern,
>jemals eine gesehen zu haben ...

Und dann passt es auch wieder.
Beispiel:

Damit beginnt die Einspruchsfrist nach § 122 Abs. 4 AO zwei Wochen
nach Bekanntgabe und endet einen Monat später.


Grüße

Axel

Re: Grundsteuer: Verfassungsbeschwerde (Az. 1 BvR 1644/05)

am 06.10.2005 18:44:42 von Thomas Homilius

Axel Böhm schrieb am Donnerstag, 6. Oktober 2005 17:39:

>>Muss vorher ein
>>Finanzgerichts- oder ein Verwaltungsgerichtsverfahren angestrengt werden,
>>d.h. welche Gerichtsbarkeit ist bei einer Verfassungsbeschwerde zuständig?
>
> Für eine Verfassungsbeschwerde ist das Bundesverfassungsgericht
> zuständig, wenn Unvereinbarkeit mit dem Grundgesetz festzustellen ist.
>
> Für das normale Verfahren bei der Grundsteuer:
> Gegen den Steuermessbescheid ist der Finanzrechtsweg gegeben.
> Gegen den Steuerbescheid, wenn ihn das FA erlässt ist auch der
> Finanzrechtsweg gegeben.
> Gegen den Steuerbescheid, den die Gemeindeverwaltung erlässt, ist der
> Verwaltungsrechtsweg gegeben.

Es geht um die "Erschöpfung des Rechtsweges". Bevor eine
Verfassungsbeschwerde eingelegt werden kann, muss der Rechtsweg erschöpft
sein. Die Frage ist nun, welcher Rechtsweg?
a) Finanzgerichtsbarkeit oder
b) Verwaltungsgerichtsbarkeit oder
c) a) oder b) (es ist egal!)


Thomas

--

Re: Grundsteuer: Verfassungsbeschwerde (Az. 1 BvR 1644/05)

am 06.10.2005 18:50:00 von Thomas Homilius

Daniel Zauft schrieb am Donnerstag, 6. Oktober 2005 18:10:

>> Problem: In dieser Kommune werden keine GrSt-Bescheide mehr erlassen,
>> wenn sich die Grundsteuer gegenüber dem Vorjahr nicht geändert hat. Ist
>> das überhaupt rechtlich zulässig? Grundsteuer ist trotzdem zu zahlen!
>
> nach § 27 (3) GrStG steht die öffentliche Bekanntmachung bei gleichen
> Steuerbeträgen der Festsetzung durch einen schriftlichen Steuerbescheid
> gleich. Folge: Bis zu 1 Monat nach der Bekanntmachung kann man Einspruch
> einlegen.

Danke, in § 27 (3) GrStG steht genau das, was ich suchte.

> Theoretisch müsste jährlich im jeweiligen Amtsblatt der Gemeinde eine
> solche Bekanntmachung stehen. Ich kann mich aber nicht daran erinnern,
> jemals eine gesehen zu haben ...

Gibt es noch andere mögliche Veröffentlichungsmedien als Amtsblatt?

Problem: Was wenn tatsächlich noch keine Bekanntmachung stattgefunden hat?
Sollte man als Grundstückseigentümer vielleicht erstmal seine GrSt nicht
bezahlen und bei Vollstreckungankündigung eine AdV (Aussetzung der
Vollziehung) beantragen mit Hinweis auf den fehlenden Steuerbescheid? Muss
diese AdV beim Verwaltungsgericht beantragt werden?


Thomas

--

Re: Grundsteuer: Verfassungsbeschwerde (Az. 1 BvR 1644/05)

am 06.10.2005 20:23:06 von axbnospamatall

Am Thu, 06 Oct 2005 18:44:42 +0200, schrieb Thomas Homilius
<> :

>Axel Böhm schrieb am Donnerstag, 6. Oktober 2005 17:39:
>
>>>Muss vorher ein
>>>Finanzgerichts- oder ein Verwaltungsgerichtsverfahren angestrengt werden,
>>>d.h. welche Gerichtsbarkeit ist bei einer Verfassungsbeschwerde zuständig?
>>
>> Für eine Verfassungsbeschwerde ist das Bundesverfassungsgericht
>> zuständig, wenn Unvereinbarkeit mit dem Grundgesetz festzustellen ist.
>>
>> Für das normale Verfahren bei der Grundsteuer:
>> Gegen den Steuermessbescheid ist der Finanzrechtsweg gegeben.
>> Gegen den Steuerbescheid, wenn ihn das FA erlässt ist auch der
>> Finanzrechtsweg gegeben.
>> Gegen den Steuerbescheid, den die Gemeindeverwaltung erlässt, ist der
>> Verwaltungsrechtsweg gegeben.
>
>Es geht um die "Erschöpfung des Rechtsweges". Bevor eine
>Verfassungsbeschwerde eingelegt werden kann, muss der Rechtsweg erschöpft
>sein. Die Frage ist nun, welcher Rechtsweg?
>a) Finanzgerichtsbarkeit oder
>b) Verwaltungsgerichtsbarkeit oder
>c) a) oder b) (es ist egal!)

Hab ich doch geschrieben.


Grüße

Axel

Re: Grundsteuer: Verfassungsbeschwerde (Az. 1 BvR 1644/05)

am 06.10.2005 20:26:58 von axbnospamatall

Am Thu, 06 Oct 2005 18:50:00 +0200, schrieb Thomas Homilius
<> :

>Gibt es noch andere mögliche Veröffentlichungsmedien als Amtsblatt?

In der lokalen Presse. Meistens die Zeitungen, die auch die
Veröffentlichung des jeweiligen Handelsregisters bringt.
Das Amtsblatt liest ja niemand. ;-)

>Problem: Was wenn tatsächlich noch keine Bekanntmachung stattgefunden hat?

Dann gibt es keine Grundsteuerfestsetzung für das jeweilige Jahr,
somit auch keine Zahlungspflicht.

>Sollte man als Grundstückseigentümer vielleicht erstmal seine GrSt nicht
>bezahlen und bei Vollstreckungankündigung eine AdV (Aussetzung der
>Vollziehung) beantragen mit Hinweis auf den fehlenden Steuerbescheid?

Vermutlich kommt ja erst mal eine Mahnung. Dann sollte man mal ans Amt
schreiben und mal fragen:
a) Welcher Bescheid hier die Rechtsgrundlage ist
b) wie und wann dieser Bescheid bekannt gegeben wurde.

Entsprechend der Antwort des Amtes kann man dann Verfahren.

>Muss
>diese AdV beim Verwaltungsgericht beantragt werden?

Kann auch zusammen mit dem Widerspruch bei der Behörde beantragt
werden.


Grüße

Axel

Re: Grundsteuer: Verfassungsbeschwerde (Az. 1 BvR 1644/05)

am 06.10.2005 22:57:31 von Thomas Homilius

Axel Böhm schrieb am Donnerstag, 6. Oktober 2005 20:26:

>>Muss
>>diese AdV beim Verwaltungsgericht beantragt werden?
>
> Kann auch zusammen mit dem Widerspruch bei der Behörde beantragt
> werden.

Die AO ist wegen § 1 Abs. 2 AO im Widerspruchsverfahren bei der Grundsteuer
nicht anzuwenden. Statt dessen sind die Vorschriften der VwGO anzuwenden.
Der Widerspruch dürfte keine aufschiebende Wirkung haben, wegen § 80 Abs. 2
VwGO. Das gilt m.E. auch für die Gemeinde Berlin, auch wenn dort nur das
Finanzamt die Grundsteuer eintreibt.

Der Steuerpflichtige muss regelmäßig erst (wegen § 80 Abs. 6 VwGO) die
Aussetzung der Vollziehung bei der Gemeinde beantragen (§ 80 Abs. 4 VwGO),
erst bei deren bei Ablehnung kann er die Anordnung der aufschiebenden
Wirkung beim Verwaltungsgericht beantragen (§ 80 Abs. 5 VwGO).

Gibt es im normalen Verwaltungsrecht sowas wie das "Ruhen des Verfahrens"
gemäß § 363 Abs. 2 AO? Danach kann die Behörde bei Anhängigkeit einer
Verfassungsbeschwerde (wie in Az. 1 BvR 1644/05) das Verfahren bis zu
dessen Entscheidung ruhen lassen. Aber so etwas scheint es in der VwGO
nicht zu geben?


Thomas

--

Re: Grundsteuer: Verfassungsbeschwerde (Az. 1 BvR 1644/05)

am 06.10.2005 23:46:48 von axbnospamatall

Am Thu, 06 Oct 2005 22:57:31 +0200, schrieb Thomas Homilius
<> :

>>>Muss
>>>diese AdV beim Verwaltungsgericht beantragt werden?
>>
>> Kann auch zusammen mit dem Widerspruch bei der Behörde beantragt
>> werden.
>
>Die AO ist wegen § 1 Abs. 2 AO im Widerspruchsverfahren bei der Grundsteuer
>nicht anzuwenden.

Richtig, soweit die Grundsteuer durch die Gemeindeverwaltung und nicht
durch die Finanzämter festgesetzt wird.

>Statt dessen sind die Vorschriften der VwGO anzuwenden.
>Der Widerspruch dürfte keine aufschiebende Wirkung haben, wegen § 80 Abs. 2
>VwGO. Das gilt m.E. auch für die Gemeinde Berlin, auch wenn dort nur das
>Finanzamt die Grundsteuer eintreibt.

Berlin ist keine Gemeinde, sondern ein Bundesland ;-)

In Berlin und IMHO auch Bremen und Hamburg als Stadtstaaten sind die
Finanzämter zuständig und damit auch die AO.

>Der Steuerpflichtige muss regelmäßig erst (wegen § 80 Abs. 6 VwGO) die
>Aussetzung der Vollziehung bei der Gemeinde beantragen (§ 80 Abs. 4 VwGO),
>erst bei deren bei Ablehnung kann er die Anordnung der aufschiebenden
>Wirkung beim Verwaltungsgericht beantragen (§ 80 Abs. 5 VwGO).

Da wäre die AO und die FGO auch identisch.

>Gibt es im normalen Verwaltungsrecht sowas wie das "Ruhen des Verfahrens"
>gemäß § 363 Abs. 2 AO? Danach kann die Behörde bei Anhängigkeit einer
>Verfassungsbeschwerde (wie in Az. 1 BvR 1644/05) das Verfahren bis zu
>dessen Entscheidung ruhen lassen. Aber so etwas scheint es in der VwGO
>nicht zu geben?

§ 79 VwVfG i.V.m. §§ 87a VwGO


Grüße

Axel

Re: Grundsteuer: Verfassungsbeschwerde (Az. 1 BvR 1644/05)

am 07.10.2005 08:26:05 von michael

Axel Böhm wrote:
>
> Richtig, soweit die Grundsteuer durch die Gemeindeverwaltung und nicht
> durch die Finanzämter festgesetzt wird.

Ich werde aus den Paragraphen nicht schlau. Habe gerade vom Finanzamt
einen Grundsteuermessbescheid für Teileigentum bekommen. Einspruch ans
Finanzamt oder Widerspruch an die Gemeinde Karlsruhe, Ba-Wü?

Ciao, Michael.

Re: Grundsteuer: Verfassungsbeschwerde (Az. 1 BvR 1644/05)

am 07.10.2005 09:02:21 von axbnospamatall

Am Fri, 07 Oct 2005 08:26:05 +0200, schrieb Michael Ströder
<> :

>Axel Böhm wrote:
>>
>> Richtig, soweit die Grundsteuer durch die Gemeindeverwaltung und nicht
>> durch die Finanzämter festgesetzt wird.
>
>Ich werde aus den Paragraphen nicht schlau. Habe gerade vom Finanzamt
>einen Grundsteuermessbescheid für Teileigentum bekommen. Einspruch ans
>Finanzamt oder Widerspruch an die Gemeinde Karlsruhe, Ba-Wü?

Die Rechtsbehelfsbeleheung steht auf dem Bescheid.
Dort sollte stehen: Der Einspruch ist innerhalb eines Monats an das
Finanzamt zu richten.


Grüße

Axel

Re: Grundsteuer: Verfassungsbeschwerde (Az. 1 BvR 1644/05)

am 07.10.2005 10:18:12 von michael

Axel Böhm wrote:
> Am Fri, 07 Oct 2005 08:26:05 +0200, schrieb Michael Ströder
> <> :
>
>>Axel Böhm wrote:
>>
>>>Richtig, soweit die Grundsteuer durch die Gemeindeverwaltung und nicht
>>>durch die Finanzämter festgesetzt wird.
>>
>>Ich werde aus den Paragraphen nicht schlau. Habe gerade vom Finanzamt
>>einen Grundsteuermessbescheid für Teileigentum bekommen. Einspruch ans
>>Finanzamt oder Widerspruch an die Gemeinde Karlsruhe, Ba-Wü?
>
> Die Rechtsbehelfsbeleheung steht auf dem Bescheid.
> Dort sollte stehen: Der Einspruch ist innerhalb eines Monats an das
> Finanzamt zu richten.

Ja, steht dort auch. Aber die Diskussion hier hat mich durcheinander
gebracht. Sorry.

Ciao, Michael.

Re: Grundsteuer: Verfassungsbeschwerde (Az. 1 BvR 1644/05)

am 07.10.2005 11:23:19 von axbnospamatall

Am Fri, 07 Oct 2005 10:18:12 +0200, schrieb Michael Ströder
<> :

>Ja, steht dort auch. Aber die Diskussion hier hat mich durcheinander
>gebracht. Sorry.

Ganz einfach:
1) Bescheid ist vom Finanzamt
Rechtsbehelf ist der Einspruch, einzulegen beim Finanzamt aber auch
bei der Gemeindeverwaltung möglich.
Klage ist beim Finangericht einzulegen. Dies ist dann auch der
Rechtsweg der erschöpft sein muss (zweite Instanz BFH) um anschließend
Verfassungsbeschwerde einzulegen.

2) Bescheid ist von der Gemeindeverwaltung:
Rechtsbehelf ist der Widerspruch einzulegen bei der
Gemeindeverwaltung.
Klage ist beim Verwaltungsgericht einzulegen.
Dies ist dann der Rechtsweg (Berufungsinstanz OVerwG, Revisionsinstanz
BVerwG). Anschließend Verfassungsbeschwerde möglich.


Grüße

Axel

Re: Grundsteuer: Verfassungsbeschwerde (Az. 1 BvR 1644/05)

am 07.10.2005 12:24:46 von Thomas Homilius

Michael Ströder <> schrieb am Freitag, 7. Oktober 2005
08:26:

>> Richtig, soweit die Grundsteuer durch die Gemeindeverwaltung und nicht
>> durch die Finanzämter festgesetzt wird.
>
> Ich werde aus den Paragraphen nicht schlau. Habe gerade vom Finanzamt
> einen Grundsteuermessbescheid für Teileigentum bekommen. Einspruch ans
> Finanzamt oder Widerspruch an die Gemeinde Karlsruhe, Ba-Wü?

Wenn du dich bei deinem Widerspruch/Einspruch auf die anhängige
Verfassungsbeschwerde berufen willst (Az. 1 BvR 1644/05), dann musst du
m.E. WIDERSPRUCH bei der Gemeinde einlegen.

Das Finanzamt legt nur den Steuermeßbetrag fest. Die Grundsteuer ist aber an
die Gemeinde zu zahlen und nicht an das Finanzamt. Dafür schickt dir deine
Gemeinde ihren eigenen widerspruchsfähigen Grundsteuerbescheid.

Durch die Festlegung des Stermeßbetrages durch das Finanzamt bist du noch
nicht in deinen Grundrechten verletzt, weil du musst ja noch nichts zahlen.
Erst wenn die Gemeinde die Zahlung der Grundsteuer von dir fordert, bist du
beschwert und wirst in deinen Grundrechten verletzt. M.E. ist hier der
normale Verwaltungsgerichtsweg zwingend.

Allerdings ist der Stermeßbescheid des Finanzamtes ein sogenannter
GRUNDLAGENBESCHEID für den Grundsteuerbescheid der Gemeinde. Ein Einspruch
gegen den Grundlagenbescheid könnte auch den Endbescheid
(Grundsteuerbescheid) Auswirkungen haben.

Ergebnis: Am besten Widerspruch/Einspruch gegen sämtliche grundsteuerliche
Steuerbescheide mit dem Hinweise der anhängigen Verfassungsbeschwerde (Az.
1 BvR 1644/05) einlegen. Der normale Verwaltungsgerichtsweg ist aber m.E.
hier zwingend.


Thomas

--

Re: Grundsteuer: Verfassungsbeschwerde (Az. 1 BvR 1644/05)

am 07.10.2005 19:33:19 von axbnospamatall

Am Fri, 07 Oct 2005 12:24:46 +0200, schrieb Thomas Homilius
<> :

>Durch die Festlegung des Stermeßbetrages durch das Finanzamt bist du noch
>nicht in deinen Grundrechten verletzt, weil du musst ja noch nichts zahlen.

Dann könnte man ja nie Einspruch gegen den Grundsteuermessbescheid
einlegen.
Entscheidend ist, ob dieser Bescheid rechtmäßig ist. Er braucht hierzu
nicht in seinen Grundrechten verletzt worden zu sein.
Ich weiß nicht genau, was die Verfassungsbeschwerde bemängelt. aber
ein Einspruch gegen den Messbescheid ist vermutlich auch nicht
verkehrt.

>Erst wenn die Gemeinde die Zahlung der Grundsteuer von dir fordert, bist du
>beschwert und wirst in deinen Grundrechten verletzt. M.E. ist hier der
>normale Verwaltungsgerichtsweg zwingend.

Beschwert ist er auch durch den Messbescheid.

>Ergebnis: Am besten Widerspruch/Einspruch gegen sämtliche grundsteuerliche
>Steuerbescheide mit dem Hinweise der anhängigen Verfassungsbeschwerde (Az.
>1 BvR 1644/05) einlegen. Der normale Verwaltungsgerichtsweg ist aber m.E.
>hier zwingend.

ACK, Und Ruhen des Verfahrens beantragen. Ob Aussetzung der
Vollziehung gewährt wird, ist zu bezweifeln.


Grüße

Axel

Re: Grundsteuer: Verfassungsbeschwerde (Az. 1 BvR 1644/05)

am 08.10.2005 02:57:50 von Thomas Homilius

Axel Böhm schrieb am Freitag, 7. Oktober 2005 19:33:

>>Durch die Festlegung des Stermeßbetrages durch das Finanzamt bist du noch
>>nicht in deinen Grundrechten verletzt, weil du musst ja noch nichts
>>zahlen.
>
> Dann könnte man ja nie Einspruch gegen den Grundsteuermessbescheid
> einlegen.

Ja, das wäre tatsächlich der Fall, wenn es den § 351 Abs. 2 AO nicht gäbe:

"§ 351 AO Bindungswirkung anderer Verwaltungsakte
(2) Entscheidungen in einem Grundlagenbescheid (§ 171 Abs. 10) können nur
durch Anfechtung dieses Bescheids, nicht auch durch Anfechtung des
Folgebescheids, angegriffen werden."

Hier geht es aber nicht um die üblichen Besteuerungsgrundlagen, sondern um
die Verfassungsmäßigkeit der Grundsteuer selbst. Jetzt ist die Frage, ob in
dem Grundsteuermessbescheid des Finanzamtes schon quasi die
"Verfassungsmäßigkeit der Grundsteuer" als "Entscheidung" mit drin steckt,
und diese "Entscheidung" schon dort verfassungsrechtlich angegriffen werden
muss oder kann, eben mit einem Einspüruch gegen diesen Grundlagenbescheid.

Meine Meinung:
Da für die Feststellung der Verfassungsmäßigkeit der Grundsteuer der § 351
Abs. 2 AO ohne Bedeutung ist, ist der Steuerpflichtige erst bei dem
endgültigen Grundsteuerbescheid der Gemeinde beschwert, der Widerspruch
gegen diesen Bescheid und die normale Verwaltungsgerichtsbarkeit ist dann
zwingend.


Thomas

--

Re: Grundsteuer: Verfassungsbeschwerde (Az. 1 BvR 1644/05)

am 08.10.2005 10:56:38 von axbnospamatall

Am Sat, 08 Oct 2005 02:57:50 +0200, schrieb Thomas Homilius
<> :

>>>Durch die Festlegung des Stermeßbetrages durch das Finanzamt bist du noch
>>>nicht in deinen Grundrechten verletzt, weil du musst ja noch nichts
>>>zahlen.
>>
>> Dann könnte man ja nie Einspruch gegen den Grundsteuermessbescheid
>> einlegen.
>
>Ja, das wäre tatsächlich der Fall, wenn es den § 351 Abs. 2 AO nicht gäbe:

§ 351 Abs. 2 AO ist hier nicht einschlägig. Der sagt nur, dass ein
Einspruch gegen den Folgebescheid unbegründet ist, wenn Grundlagen
angefochten werden.

Es liegt aber bereits bei Erlass eines Grundlagenbescheides eine
Beschwer nach § 350 AO vor. Es bedarf keiner tatsächlichen
finanziellen Belastung.

>Hier geht es aber nicht um die üblichen Besteuerungsgrundlagen, sondern um
>die Verfassungsmäßigkeit der Grundsteuer selbst. Jetzt ist die Frage, ob in
>dem Grundsteuermessbescheid des Finanzamtes schon quasi die
>"Verfassungsmäßigkeit der Grundsteuer" als "Entscheidung" mit drin steckt,
>und diese "Entscheidung" schon dort verfassungsrechtlich angegriffen werden
>muss oder kann, eben mit einem Einspüruch gegen diesen Grundlagenbescheid.
>
>Meine Meinung:
>Da für die Feststellung der Verfassungsmäßigkeit der Grundsteuer der § 351
>Abs. 2 AO ohne Bedeutung ist, ist der Steuerpflichtige erst bei dem
>endgültigen Grundsteuerbescheid der Gemeinde beschwert, der Widerspruch
>gegen diesen Bescheid und die normale Verwaltungsgerichtsbarkeit ist dann
>zwingend.

Die Beschwer liegt IMHO schon darin, dass eine Besteuerungsgrundlage
gegen eine verfassungwidrige (wenn sie es denn auch wirklich ist)
Steuer festgestellt wird.


Grüße

Axel