Steuerbescheid verstehen

Steuerbescheid verstehen

am 02.11.2005 15:49:54 von Mark Ise

Hallo Leute,

ich hab mal einen Blick auf den Einkommenssteuerbescheid einer
Angestellten (meine Freundin) für 2004 geworfen.

Dort steht im Absatz "Berechnung der Einkommensteuer":

nach Grundtarif 9.827 -> 967 Euro


In der Steuertabelle für 2004 würden für Euro 9.827,- zu versteuerndes
Einkommen aber nur Euro 383,- fällig werden.




Euro 967,- würden fällig, wenn man z.B. 12.535,- Euro Einkommen hätte.
Das ist genau der Betrag, der im Bescheid als "Gesamte Einkünfte" abzgl.
der "gezahlten Kirchensteuer" ausgewiesen ist.


Kann mir jemand erklären, wieso in der Zeile für die Berechnung die
9.827,- angegeben werden, aber dann eine Steuer errechnet wird, die zu
dem höheren Betrag von 12.535,- passen würde?



Zur Übersicht mal die Eckdaten aus dem Bescheid:


Gesamtbetrag der Einkünfte: 12.657

gezahlte Kirchensteuer -122

Zwischensumme 12.535 <---

abzugsfähig nach §10 Absatz 3 EStG -2.708

Einkommen / zu versteuerndes Einkommen 9.827 <---

Berechnung der Einkommensteuer 967 <---

--
Mark

Re: Steuerbescheid verstehen

am 02.11.2005 19:08:38 von Eric Lorenz

Mark Ise schrieb:

> Zur Übersicht mal die Eckdaten aus dem Bescheid:
>
>
> Gesamtbetrag der Einkünfte: 12.657
>
> gezahlte Kirchensteuer -122
>
> Zwischensumme 12.535 <---
>
> abzugsfähig nach §10 Absatz 3 EStG -2.708
>
> Einkommen / zu versteuerndes Einkommen 9.827 <---
>
> Berechnung der Einkommensteuer 967 <---

Hat Sie Lohnersatzleistungen bezogen?

Eric

Re: Steuerbescheid verstehen

am 02.11.2005 20:13:06 von Matthias Kryn

Mark Ise schrieb:

> Kann mir jemand erklären, wieso in der Zeile für die
> Berechnung die 9.827,- angegeben werden, aber dann
> eine Steuer errechnet wird, die zu dem höheren
> Betrag von 12.535,- passen würde?

Irgendwas mit Progressionsvorbehalt?

Grüße
Matthias

Re: Steuerbescheid verstehen

am 02.11.2005 20:59:12 von axbnospamatall

Am Wed, 02 Nov 2005 15:49:54 +0100, schrieb Mark Ise
<> :

>Kann mir jemand erklären, wieso in der Zeile für die Berechnung die
>9.827,- angegeben werden, aber dann eine Steuer errechnet wird, die zu
>dem höheren Betrag von 12.535,- passen würde?

Können da vielleicht noch 4.500 EUR Arbeitslosengeld dabei sein?


Grüße

Axel

Re: Steuerbescheid verstehen

am 03.11.2005 17:16:35 von Mark Ise

Eric Lorenz schrieb:
> Mark Ise schrieb:
>
>> Zur Übersicht mal die Eckdaten aus dem Bescheid:
>>
>>
>> Gesamtbetrag der Einkünfte: 12.657
>> gezahlte Kirchensteuer -122
>> Zwischensumme 12.535 <---
>> abzugsfähig nach §10 Absatz 3 EStG -2.708
>> Einkommen / zu versteuerndes Einkommen 9.827 <---
>> Berechnung der Einkommensteuer 967 <---
>
> Hat Sie Lohnersatzleistungen bezogen?


Falls das Lohnersatzleistungen sind:

1274 Entbindungsgeld von der Krankenkasse
und
3139 Zuschuss zum Mutterschaftsgeld vom Arbeitgeber
Der Teil vom AG wurde in der Gehaltsmitteilung als "steuerfrei" angegeben.


Falls es sich aber doch steuerlich auswirkt wären das dann:

9827 + 3139 = 12966
bzw.
12966 + 1274 = 14240

Beides würde laut Tabelle nicht die im Bescheid ausgewiesene
Einkommensteuer ergeben. Oder wird das nur teilweise angerechnet?

--
Mark

Re: Steuerbescheid verstehen

am 03.11.2005 17:44:48 von Mark Ise

>> Kann mir jemand erklären, wieso in der Zeile für die
>> Berechnung die 9.827,- angegeben werden, aber dann
>> eine Steuer errechnet wird, die zu dem höheren
>> Betrag von 12.535,- passen würde?
>
> Irgendwas mit Progressionsvorbehalt?

Hm...
<such>


Angenommen, das Mutterschaftsgeld und der dazugehörige Zuschuss in Höhe
von 4413 gehören dazu, dann verstehe ich das so, dass man den
durchschnittlichen Steuersatz aus 9827 + 4413 = 14240 berechnet. Laut
Tabelle wären für so ein Einkommen 1382 EKSt zu zahlen, was einen
durchschnittlichen Steuersatz von 9,7% bedeuten würde.
Im Steuerbescheid ist "9,8469 v.H." angegeben. Das käme ja fast hin.

Also, wenn ich das richtig sehe, dann ist "steuerfreie" Einkommen gar
nicht steuerfrei. Die 4240 Euro Mutterschaftsgeld werden mit 584 Euro
besteuert. Das sind 14%.


Wenn ich mich nun nicht verhauen habe, dann glaube ich zu verstehen, wie
der Hase da läuft.


Danke für die Hinweise, auch an die anderen Antworter.

--
Mark

Re: Steuerbescheid verstehen

am 03.11.2005 19:05:43 von Gerd Kluger

"Mark Ise" <
> Also, wenn ich das richtig sehe, dann ist "steuerfreie" Einkommen gar
> nicht steuerfrei. Die 4240 Euro Mutterschaftsgeld werden mit 584 Euro
> besteuert. Das sind 14%.
>
>
> Wenn ich mich nun nicht verhauen habe, dann glaube ich zu verstehen, wie
> der Hase da läuft.

Nein, nein, das steuerfrei ist schon steuerfrei, Du zahlst hat nur auf
den Rest höhere Steuern.

Gruß
Gerd

Re: Steuerbescheid verstehen

am 04.11.2005 11:50:15 von Matthias Kryn

Mark Ise schrieb:

> > > Kann mir jemand erklären, wieso in der Zeile für die
> > > Berechnung die 9.827,- angegeben werden, aber dann
> > > eine Steuer errechnet wird, die zu dem höheren
> > > Betrag von 12.535,- passen würde?
> >
> > Irgendwas mit Progressionsvorbehalt?
>
> Hm...
> <such>
>
>
> Angenommen, das Mutterschaftsgeld und der dazugehörige
> Zuschuss in Höhe von 4413 gehören dazu, dann verstehe ich das
> so, dass man den durchschnittlichen Steuersatz aus 9827 +
> 4413 = 14240 berechnet. Laut Tabelle wären für so ein
> Einkommen 1382 EKSt zu zahlen, was einen durchschnittlichen
> Steuersatz von 9,7% bedeuten würde.
> Im Steuerbescheid ist "9,8469 v.H." angegeben. Das käme ja
> fast hin.
>
> Also, wenn ich das richtig sehe, dann ist "steuerfreie"
> Einkommen gar nicht steuerfrei. Die 4240 Euro
> Mutterschaftsgeld werden mit 584 Euro besteuert. Das sind 14%.

"Steuerfrei" ist schon steuerfrei. Die steuerfreien Einnahmen
werden auf das bisherige zvE draufgepackt und dann geguckt,
welcher prozentuale Steuersatz bei diesem fiktiven zvE anfällt.
Mit diesem Steursatz wird dann der niedrigere Betrag versteuert.

Grüße
Matthias

Re: Steuerbescheid verstehen

am 04.11.2005 16:10:01 von Mark Ise

>> Also, wenn ich das richtig sehe, dann ist "steuerfreie" Einkommen gar
>> nicht steuerfrei. Die 4240 Euro Mutterschaftsgeld werden mit 584 Euro

> Nein, nein, das steuerfrei ist schon steuerfrei, Du zahlst hat nur auf
> den Rest höhere Steuern.
>
Tja, da die Fachleute das wohl auch so sehen, wird es wohl richtig sein,
aber unter "steuerfrei" würde ich verstehen, dass ich etwas bekomme,
ohne Steuern dafür zu bezahlen. Ob ich die Steuern nun für das sog.
"steuerfreie Einkommen" bezahle, oder für das andere Einkommen, spielt
ja im Geldbeutel keine Rolle.

Würde man denn keine Einkommensteuer bezahlen, wenn man kein Einkommen
als Angestellter hätte und ausschließlich "steuerfreies Einkommen" von
z.B. 9500,- Euro?

--
Mark

Re: Steuerbescheid verstehen

am 04.11.2005 17:16:16 von Martin Hentrich

On Fri, 04 Nov 2005 16:10:01 +0100, Mark Ise <>
wrote:

>Tja, da die Fachleute das wohl auch so sehen, wird es wohl richtig sein,
>aber unter "steuerfrei" würde ich verstehen, dass ich etwas bekomme,
>ohne Steuern dafür zu bezahlen.

So ist es ja auch, aber du hast nach dem Hören der Worte
"Mutterschaftsgeld ist steuerfrei..." weggehört und das "...unterliegt
jedoch dem Progressionsvorbehalt" einfach nicht mehr gehört und falls
doch - nicht verstanden.

Es gibt beides:

a) steuerfrei ohne Progressionsvorbehalt

b) steuerfrei mit Progressionsvorbehalt

Zu a) gehören z.B. die steuerfreien Zuschläge für nachtarbeit oder die
steuerfrei gestellten Beiträge zur betrieblichen Altersvorsorge als
Entgeltumwandlung.

Zu b) gehören so ziemlich alle Lohnersatzleistungen, wie
Arbeitslosengeld, Krankengeld, Mutterschaftsgeld.

>Ob ich die Steuern nun für das sog.
>"steuerfreie Einkommen" bezahle, oder für das andere Einkommen, spielt
>ja im Geldbeutel keine Rolle.

Es ist schon ein bedeutender Unterschied, ob etwas steuerpflichtig ist
oder als steuerfrei lediglich dem Progressionsvorbehalt unterliegt. In
diese Richting denkt der teutsche Griesgram nie.

>Würde man denn keine Einkommensteuer bezahlen, wenn man kein Einkommen
>als Angestellter hätte und ausschließlich "steuerfreies Einkommen" von
>z.B. 9500,- Euro?

Du meinst "steuerfreie Lohnersatzleistungen unter
Progressionsvorbehalt"

Wenn man allein ist: Ja. Auf Null angewendet bleibt es bei Null.

Wenn man verheiratet ist und der Ehepartner Vollverdiener ist und man
die Zusammenveranlagung gewählt hat, dann eher nein. Aber in einem
solchen Fall wählt man dann ja die getrennte Veranlagung, falls diese
günstiger ist - die Unterstützung dazu bietet einem jedes
Einkommensteuerprogramm.

Martin

Re: Steuerbescheid verstehen

am 07.11.2005 11:38:52 von Thomas Haedrich

Martin Hentrich schrieb:

> Wenn man verheiratet ist und der Ehepartner Vollverdiener ist und man
> die Zusammenveranlagung gewählt hat, dann eher nein. Aber in einem
> solchen Fall wählt man dann ja die getrennte Veranlagung, falls diese
> günstiger ist - die Unterstützung dazu bietet einem jedes
> Einkommensteuerprogramm.

Und zwischen getrennter und gemeinsamer Veranlagung kann man jährlich
problemlos wechseln?

Grüße, Thomas

Re: Steuerbescheid verstehen

am 07.11.2005 17:16:31 von Martin Hentrich

On Mon, 07 Nov 2005 11:38:52 +0100, Thomas Haedrich
<> wrote:

>Und zwischen getrennter und gemeinsamer Veranlagung kann man jährlich
>problemlos wechseln?

Selbstverständlich.

Martin

Re: Steuerbescheid verstehen

am 09.11.2005 16:06:03 von Mark Ise

Martin Hentrich schrieb:

> On Fri, 04 Nov 2005 16:10:01 +0100, Mark Ise <>
> wrote:
>
>>Tja, da die Fachleute das wohl auch so sehen, wird es wohl richtig sein,
>>aber unter "steuerfrei" würde ich verstehen, dass ich etwas bekomme,
>>ohne Steuern dafür zu bezahlen.
>
> So ist es ja auch, aber du hast nach dem Hören der Worte
> "Mutterschaftsgeld ist steuerfrei..." weggehört und das "...unterliegt
> jedoch dem Progressionsvorbehalt" einfach nicht mehr gehört und falls
> doch - nicht verstanden.

Ursprünglich habe ich die Infos aus der Gehaltsabrechnung, und dort ist
das MuSchG nur als "steuerfreies Brutto" bezeichnet.
Mit "Progressionsvorbehalt" konnte ich nix anfangen und daher war das
für mich die ganze Zeit einfach steuerfrei.

>>Ob ich die Steuern nun für das sog.
>>"steuerfreie Einkommen" bezahle, oder für das andere Einkommen, spielt
>>ja im Geldbeutel keine Rolle.
>
> Es ist schon ein bedeutender Unterschied, ob etwas steuerpflichtig ist
> oder als steuerfrei lediglich dem Progressionsvorbehalt unterliegt. In
> diese Richting denkt der teutsche Griesgram nie.

Mir ist klar, das dadurch unterschiedliche Steuern ausgelöst werden,
aber für einen Laien ist das nicht selbsterklärend und daher würde ich
das nicht auf die Griesgräme schieben, sondern eher auf die, die das so
kompliziert machen.

>>Würde man denn keine Einkommensteuer bezahlen, wenn man kein Einkommen
>>als Angestellter hätte und ausschließlich "steuerfreies Einkommen" von
>>z.B. 9500,- Euro?
>
> Du meinst "steuerfreie Lohnersatzleistungen unter
> Progressionsvorbehalt"
>
> Wenn man allein ist: Ja. Auf Null angewendet bleibt es bei Null.

OK, dann hab ich es vermutlich verstanden.

> Wenn man verheiratet ist und der Ehepartner Vollverdiener ist und man
> die Zusammenveranlagung gewählt hat, dann eher nein. Aber in einem
> solchen Fall wählt man dann ja die getrennte Veranlagung, falls diese
> günstiger ist - die Unterstützung dazu bietet einem jedes
> Einkommensteuerprogramm.

Gut, dass es sowas gibt. Das hat mir nach langer Einarbeitungszeit
geholfen, etwas Licht ins Dunkle zu bringen.
Aber andererseits ist es schon schade, dass sowas überhaupt nötig ist.

--
Mark