Kto-Pfaendung durch FA trotz Antrag auf Aussetzung der Vollziehung

Kto-Pfaendung durch FA trotz Antrag auf Aussetzung der Vollziehung

am 29.11.2005 03:10:22 von Thomas Homilius

Folgender Fall:

Ein Steuerpflichtiger erhält seinen ESt-Bescheid für 2004 vom Finanzamt. In
diesem Bescheid werden ohne jegliche Begründung 6.500 EUR an Werbungskosten
vom FA nicht berücksichtigt. Der Steuerpflichtige soll nun Einkommensteuer
i.H.v. 3.000 EUR nachzahlen.

Der Steuerpflichtige wehrt sich vehement gegen diese Nachzahlung. Er legt
beim FA Einspruch ein und beantragt die Aussetzung der Vollziehung (AdV)
des ESt-Bescheid.

Das FA nimmt den Einspruch entgegen, lässt sich aber Zeit mit der
Bearbeitung des Antrags auf Aussetzung der Vollziehung. Nach 4 Wochen wurde
immer noch nicht über diesen AdV-Antrag entschieden. Über einen AdV-Antrag
muss das FA normalerweise schnell entscheiden, da sonst die Vollstreckung
des ESt-Bescheids droht.

Und genau so kommt es auch: Nach 5 Wochen erhält der Steuerpflichtige eine
Abrechnung, in dem das FA die nachzuzahlende 3.000 EUR Steuern mit der
fälligen Eigenheimzulage und einer Umsatzsteuererstattung des
Steuerpflichtigen aufrechnet. Desweiteren droht das FA in einem weiteren
Schreiben mit der Pfändung des Bankkontos des Steuerpflichtigen, wenn die
Restsumme nicht innerhalb einer Woche bezahlt wird.

1. Ist das Vorgehen der Finanzbehörde rechtens? Darf das FA nach 5 Wochen
trotz AdV-Antrag vollstrecken?

2. Muss die Finanzbehörde nicht erst den Antrag auf Aussetzung der
Vollziehung des Steuerpflichtigen bearbeiten, bevor sie weiter vollstrecken
darf?

3. Wie kann sich der Steuerpflichtige gegen dieses Vorgehen der
Finanzbehörde wehren? Muss ein Antrag auf einstweilige Anordnung beim
Finanzgericht gestellt werden?

Nach meiner Auffassung kann der Steuerpflichtige sich effektiv nur dagegen
wehren, wenn er schon bei der AdV-Antragstellung bei der Finanzbehörde
einen Antrag auf Erlass einer einstweilige Anordnung beim Finanzgericht
wegen Aufhebung und Beendigung von Vollstreckungsmaßnahmen stellt. Wie seht
ihr das?


Thomas Homilius

--

Re: Kto-Pfaendung durch FA trotz Antrag auf Aussetzung der Vollziehung

am 30.11.2005 00:29:22 von Alexander Schroeder

Thomas Homilius wrote:
> 1. Ist das Vorgehen der Finanzbehörde rechtens? Darf das FA nach 5 Wochen
> trotz AdV-Antrag vollstrecken?

In der AO gibt es keine Vorschrift, die dem entgegenstehen würde.
Entgegen steht dem aber die Vollstreckungsanweisung, wonach über den
AdV-Antrag unverzüglich entschieden werden soll.

> 3. Wie kann sich der Steuerpflichtige gegen dieses Vorgehen der
> Finanzbehörde wehren? Muss ein Antrag auf einstweilige Anordnung beim
> Finanzgericht gestellt werden?

Ja, mehr fiele mir dazu auch nicht ein.

> Nach meiner Auffassung kann der Steuerpflichtige sich effektiv nur dagegen
> wehren, wenn er schon bei der AdV-Antragstellung bei der Finanzbehörde
> einen Antrag auf Erlass einer einstweilige Anordnung beim Finanzgericht
> wegen Aufhebung und Beendigung von Vollstreckungsmaßnahmen stellt. Wie seht
> ihr das?

Eigentlich sollte sich die Finanzverwaltung an ihre
Verwaltungsanweisungen auch halten. Dann wäre die Frage ohne praktische
Bedeutung. Ein sofortiger Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung
könnte an § 114 Abs. 1 Satz 1 FGO scheitern. Aufgrund der
Selbstverpflichtung zur unverzüglichen Entscheidung in der VollstrA
würde eher eine Untätigkeitsklage in Betracht kommen.

Alex

Re: Kto-Pfaendung durch FA trotz Antrag auf Aussetzung der Vollziehung

am 01.12.2005 09:08:07 von axbnospamatall

Am Tue, 29 Nov 2005 03:10:22 +0100, schrieb Thomas Homilius
<> :

>1. Ist das Vorgehen der Finanzbehörde rechtens? Darf das FA nach 5 Wochen
>trotz AdV-Antrag vollstrecken?

Regelmäßig nicht.
AEAO Nr. 3.1. zu § 361 sagt aus, dass Vollstreckungsmaßnahmen
unterbleiben sollen, solange über den Antrag noch nicht entschieden
ist.
Nur ist IMHO die Aufrechnung keine Vollstreckungsmaßnahme.

>2. Muss die Finanzbehörde nicht erst den Antrag auf Aussetzung der
>Vollziehung des Steuerpflichtigen bearbeiten, bevor sie weiter vollstrecken
>darf?

Ja.

>3. Wie kann sich der Steuerpflichtige gegen dieses Vorgehen der
>Finanzbehörde wehren? Muss ein Antrag auf einstweilige Anordnung beim
>Finanzgericht gestellt werden?

Antrag nach § 69 Abs. 3 FGO beim FG stellen. Achtung Kosten!


Grüße

Axel

Re: Kto-Pfaendung durch FA trotz Antrag auf Aussetzung der Vollziehung

am 01.12.2005 14:17:46 von Thomas Homilius

Axel Böhm schrieb am Donnerstag, 1. Dezember 2005 09:08:

>>1. Ist das Vorgehen der Finanzbehörde rechtens? Darf das FA nach 5 Wochen
>>trotz AdV-Antrag vollstrecken?
>
> Regelmäßig nicht.
> AEAO Nr. 3.1. zu § 361 sagt aus, dass Vollstreckungsmaßnahmen
> unterbleiben sollen, solange über den Antrag noch nicht entschieden
> ist.
> Nur ist IMHO die Aufrechnung keine Vollstreckungsmaßnahme.

Für meine Begriffe ist diese Aufrechnung schon eine Vollstreckung. Es werden
Steuerforderungen aus einem an sich vollstreckbaren ESt-Bescheid gegen
andere Forderungen des Steuerpflichtigen aufgerechnet.

Aber ich gehe jetzt mal davon aus, dass du Recht hast und eine
Forderungsaufrechnung keine Vollstreckungsmaßnahme ist. Wie soll der
Steuerpflichtige dagegen vorgehen? Zivilklage (besser: Antrag auf
einstweilige Anordnung) vor dem Amtsgericht? Soll er die
Forderungsaufrechnung anfechten oder soll er Schadenersatz vor dem
Amtsgericht verlangen?

Man könnte jetzt einwenden, es handelt sich bei dieser Aufrechnung nicht um
eine Vollstreckungsmaßnahme, sondern um eine Vollziehungsmaßnahme (Deswegen
heißt es auch "Aussetzung der Vollziehung"). Aber wie wehrt sich der
Steuerpflichtige (möglichst präventiv) gegen eine derartige
Vollziehungsmaßnahme (Aufrechnung)?

>>3. Wie kann sich der Steuerpflichtige gegen dieses Vorgehen der
>>Finanzbehörde wehren? Muss ein Antrag auf einstweilige Anordnung beim
>>Finanzgericht gestellt werden?
>
> Antrag nach § 69 Abs. 3 FGO beim FG stellen. Achtung Kosten!

Der § 69 Abs. 3 FGO betrifft den AdV-Antrag vor dem Finanzgericht.
Aber:
Muss nicht vorher die Finanzbehörde über den Antrag auf Aussetzung der
Vollziehung entscheiden (§ 361 AO), bevor der Steuerpflichtige das
Finanzgericht anrufen kann?

Oder willst du mir sagen, dass wenn die Finanzbehörde den ESt-Bescheid
vollzieht, ohne vorher über den gestellten AdV-Antratg entschieden zu
haben, dass dann der Steuerpflichtige berechtigt ist, sofort das
Finanzgericht anzurufen. Eventuell anfallende Gerichtskosten trägt das
Finanzamt vollständig?


Thomas Homilius
--

Re: Kto-Pfaendung durch FA trotz Antrag auf Aussetzung der Vollziehung

am 01.12.2005 17:06:01 von axbnospamatall

Am Thu, 01 Dec 2005 14:17:46 +0100, schrieb Thomas Homilius
<> :

>Axel Böhm schrieb am Donnerstag, 1. Dezember 2005 09:08:
>
>>>1. Ist das Vorgehen der Finanzbehörde rechtens? Darf das FA nach 5 Wochen
>>>trotz AdV-Antrag vollstrecken?
>>
>> Regelmäßig nicht.
>> AEAO Nr. 3.1. zu § 361 sagt aus, dass Vollstreckungsmaßnahmen
>> unterbleiben sollen, solange über den Antrag noch nicht entschieden
>> ist.
>> Nur ist IMHO die Aufrechnung keine Vollstreckungsmaßnahme.
>
>Für meine Begriffe ist diese Aufrechnung schon eine Vollstreckung. Es werden
>Steuerforderungen aus einem an sich vollstreckbaren ESt-Bescheid gegen
>andere Forderungen des Steuerpflichtigen aufgerechnet.

Die Aufrechung ist eine Aufrechnung. Aufrechnen kann jeder Gläubiger
mit entsprechenden Schulden. Die Aufrechnung nach § 226 AO ist keine
Vollstreckungshandlung.

> Wie soll der
>Steuerpflichtige dagegen vorgehen? Zivilklage (besser: Antrag auf
>einstweilige Anordnung) vor dem Amtsgericht? Soll er die
>Forderungsaufrechnung anfechten oder soll er Schadenersatz vor dem
>Amtsgericht verlangen?

Der OP sollte den Einspruch weiter verfolgen und den geänderten
ESt-Bescheid abwarten.
Bezüglich der Aufrechung selber kann er einen Abrechnungsbescheid (§
218 Abs. 2 AO) beantragen.

>Man könnte jetzt einwenden, es handelt sich bei dieser Aufrechnung nicht um
>eine Vollstreckungsmaßnahme, sondern um eine Vollziehungsmaßnahme (Deswegen
>heißt es auch "Aussetzung der Vollziehung"). Aber wie wehrt sich der
>Steuerpflichtige (möglichst präventiv) gegen eine derartige
>Vollziehungsmaßnahme (Aufrechnung)?

Durch den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung.

>>>3. Wie kann sich der Steuerpflichtige gegen dieses Vorgehen der
>>>Finanzbehörde wehren? Muss ein Antrag auf einstweilige Anordnung beim
>>>Finanzgericht gestellt werden?
>>
>> Antrag nach § 69 Abs. 3 FGO beim FG stellen. Achtung Kosten!
>
>Der § 69 Abs. 3 FGO betrifft den AdV-Antrag vor dem Finanzgericht.
>Aber:
>Muss nicht vorher die Finanzbehörde über den Antrag auf Aussetzung der
>Vollziehung entscheiden (§ 361 AO), bevor der Steuerpflichtige das
>Finanzgericht anrufen kann?

Nein. § 69 Abs. 4 Satz 2 FGO.

>Oder willst du mir sagen, dass wenn die Finanzbehörde den ESt-Bescheid
>vollzieht, ohne vorher über den gestellten AdV-Antratg entschieden zu
>haben, dass dann der Steuerpflichtige berechtigt ist, sofort das
>Finanzgericht anzurufen.

Ja.

>Eventuell anfallende Gerichtskosten trägt das
>Finanzamt vollständig?

Nur wenn der Antrag auf Aussetzung der Vollziehung Erfolg hat.


Grüße

Axel

re:Kto-Pfaendung durch FA trotz Antrag auf Aussetzung der Vollz

am 02.12.2005 08:37:26 von Gasthaus

Vielleicht ist einfach nur was untergegangen?

ICh würde erst mal meinen Sachbearbeiter und den Mitarbeiter auf der
Vollstreckungsstelle anrufen....
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re:Kto-Pfaendung durch FA trotz Antrag auf Aussetzung der Vollz

am 02.12.2005 08:37:26 von Gasthaus

Noch mal...

...was sagt den der Finanzbeamte dazu?

Vielleicht ist es ja wirklich nur ein Versehen?
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