Wann wird ein Urteil rechtskräftig ?

Wann wird ein Urteil rechtskräftig ?

am 15.01.2006 18:15:42 von unknown

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Re: Wann wird ein Urteil rechtskräftig ?

am 15.01.2006 18:47:02 von Marion Scheffels

Thomas Halblech schrieb:

>Hallo -- wann wird ein Urteil rechtkräftig ... so dass ich den
>Gerichtsvollzieher schicken kann ?

Nach dem, was ich aus dem Gerichtsshows weiß, sobald derRichter es
verkündet und beide Seiten ihre Verzicht auf Berufung oder Revision
erklärt haben.

MarionS
--


"Didn't they say the pen was mightier than the sword?" - James Bond
"Thanks to me they were right!" - Q
(GoldenEye)

Re: Wann wird ein Urteil rechtskräftig ?

am 15.01.2006 18:47:51 von axbnospamatall

Am Sun, 15 Jan 2006 18:15:42 +0100, schrieb Thomas Halblech
<> :

>
>Hallo -- wann wird ein Urteil rechtkräftig ... so dass ich den
>Gerichtsvollzieher schicken kann ?

Wenn die Gegenpartei innerhalb eines Monats keine Berufung bzw.
revision gegen das Urteil einlegt.
Ist das Urteil vom Amtsgericht, bescheinigt dieses mit einem
sogenannten Rechtskraftvermerk auf der vollstreckbaren Ausfertigung
des Urteils die Rechtskraft. Damit kann dann der GV beauftragt werden.


Grüße

Axel

Re: Wann wird ein Urteil rechtskräftig ?

am 15.01.2006 18:48:47 von brueni.nospam

Thomas Halblech schrieb:
> Hallo -- wann wird ein Urteil rechtkräftig ... so dass ich den
> Gerichtsvollzieher schicken kann ?
>
> Danke
> Tom Halblech

Das Urteil muß vollstreckbar sein, nicht unbedingt (formell) rechtskräftig.

Die Vollstreckbarkeit ist eine wesentliche Wirkung der formellen
Rechtskraft, ein Urteil kann jedoch für vorläufig vollstreckbar erklärt
werden, vgl. §§ 704,708ff. ZPO.

Formell rechtskräftig ist ein Urteil, wenn es mit Rechtsmitteln nicht
mehr angegriffen werden kann, § 705 ZPO. (Materielle Rechtskraft
interessiert hier nicht).

Christoph

Re: Wann wird ein Urteil rechtskräftig ?

am 15.01.2006 19:13:28 von unknown

Post removed (X-No-Archive: yes)

Re: Wann wird ein Urteil rechtskräftig ?

am 15.01.2006 19:40:28 von brueni.nospam

Thomas Halblech schrieb:
> On Sun, 15 Jan 2006 18:47:51 +0100, Axel Böhm
> <> wrote:
>
>
>>>Damit kann dann der GV beauftragt werden.
>
>
>
> habe eines mit "vorl. vollstreckbar" vom AG ...

Du hast nur eine Kopie.
Es bedarf noch einer anderen Kopie, einer vollstreckbaren Ausfertigung,
vgl. § 724 I ZPO.

> macht das auch der RA,
> ich meine den GV schicken ... oder muss ich das dem in auftrag geben ?

Die Zwangsvolstreckung kann auch der Rechtsanwalt betreiben, was er auch
meistens macht. Natürlich muß man ihn dazu beauftragen, das geschieht
aber gewöhnlich bereits vor dem Prozess.

Christoph

Re: Wann wird ein Urteil rechtskräftig ?

am 15.01.2006 21:52:37 von axbnospamatall

Am Sun, 15 Jan 2006 18:47:02 +0100, schrieb Marion Scheffels
<> :

>Thomas Halblech schrieb:
>
>>Hallo -- wann wird ein Urteil rechtkräftig ... so dass ich den
>>Gerichtsvollzieher schicken kann ?
>
>Nach dem, was ich aus dem Gerichtsshows weiß, sobald derRichter es
>verkündet und beide Seiten ihre Verzicht auf Berufung oder Revision
>erklärt haben.

Das ist dann eben auch der Unterschied zwischen TV und Realität :-)

Die Gerichtsshows handeln (bis auf das Familiengericht) nur Straffälle
ab. Der OP hat jedoch ein Urteil eines Zivilgerichtes (evtl. noch
Verwaltungsgericht, aber eher unwahrscheinlich).
Im Zivilverfahren gibt es diese tollen Erklärungen auf
Rechtsmittelverzicht nicht.


Grüße

Axel

Re: Wann wird ein Urteil rechtskräftig ?

am 15.01.2006 21:53:51 von axbnospamatall

Am Sun, 15 Jan 2006 19:13:28 +0100, schrieb Thomas Halblech
<> :

>On Sun, 15 Jan 2006 18:47:51 +0100, Axel Böhm
><> wrote:
>
>>>Damit kann dann der GV beauftragt werden.
>
>
>habe eines mit "vorl. vollstreckbar" vom AG ... macht das auch der RA,
>ich meine den GV schicken ... oder muss ich das dem in auftrag geben ?

Dann hast Du sicherlich auch ei9ne entsprechende Auflage
(Sicherheitsleistung). In der Regel musst Du dann den gleichen Betrag
beim Gericht hinterlegen.


Grüße

Axel

Re: Wann wird ein Urteil rechtskräftig ?

am 15.01.2006 22:25:59 von brueni.nospam

Axel Böhm schrieb:

>>>Hallo -- wann wird ein Urteil rechtkräftig ... so dass ich den
>>>Gerichtsvollzieher schicken kann ?
>>
>>Nach dem, was ich aus dem Gerichtsshows weiß, sobald derRichter es
>>verkündet und beide Seiten ihre Verzicht auf Berufung oder Revision
>>erklärt haben.
>
>
> Das ist dann eben auch der Unterschied zwischen TV und Realität :-)
>
> Die Gerichtsshows handeln (bis auf das Familiengericht) nur Straffälle
> ab. Der OP hat jedoch ein Urteil eines Zivilgerichtes (evtl. noch
> Verwaltungsgericht, aber eher unwahrscheinlich).

Gerichtsvollzieher, der ein verwaltungsrechtliches Urteil vollstreckt?
Wie habe ich mir das vorzustellen?


> Im Zivilverfahren gibt es diese tollen Erklärungen auf
> Rechtsmittelverzicht nicht.

Das sieht das Gesetz und die Allgemeinheit der Rechtsanwender anders.
Natürlich können die Parteien den Verzicht auf Rechtsmittel erklären.
Es ist sogar allgemein anerkannt, dass das Urteil dann trotz § 705 ZPO
rechtskräftig wird.

Christoph

Re: Wann wird ein Urteil rechtskräftig ?

am 15.01.2006 22:32:01 von Holger Pollmann

Christoph Brüninghaus <> schrieb:

> Gerichtsvollzieher, der ein verwaltungsrechtliches Urteil
> vollstreckt? Wie habe ich mir das vorzustellen?

Stell dir vor, du hast erfolgreich eine öffentliche Stelle auf eine
Geldzahlung verklagt, und nach Rechtskraft des Urteils leistet die Stelle
immer noch nicht - meinst du, du darfst dann selbst losgehen und das Geld
holen? Nene, das macht der Gerichtsvollzieher :-)

--
( ROT-13 if you want to email me directly: )
"Sie tragen Trauer? Der Untergang der DDR?" - "Nein, Leni Riefenstahl. Der
Führer hat sie zu sich genommen." -- Abschiedsshow Scheibenwischer,
02.10.2003

Re: Wann wird ein Urteil rechtskräftig ?

am 15.01.2006 22:33:47 von brueni.nospam

Axel Böhm schrieb:

>>>>Damit kann dann der GV beauftragt werden.
>>
>>
>>habe eines mit "vorl. vollstreckbar" vom AG ... macht das auch der RA,
>>ich meine den GV schicken ... oder muss ich das dem in auftrag geben ?
>
>
> Dann hast Du sicherlich auch ei9ne entsprechende Auflage
> (Sicherheitsleistung).

Nun gibt es aber auch genügend Urteile, die ohne Sicherheitsleistung für
vorläufig vollstreckbar erklärt werden können.


> In der Regel musst Du dann den gleichen Betrag
> beim Gericht hinterlegen.

Gleich was?

Christoph

Re: Wann wird ein Urteil rechtskräftig ?

am 15.01.2006 22:50:31 von usenet-08-2005

Holger Pollmann schrieb:
> Christoph Brüninghaus <> schrieb:
>
>
>>Gerichtsvollzieher, der ein verwaltungsrechtliches Urteil
>>vollstreckt? Wie habe ich mir das vorzustellen?
>
>
> Stell dir vor, du hast erfolgreich eine öffentliche Stelle auf eine
> Geldzahlung verklagt, und nach Rechtskraft des Urteils leistet die Stelle
> immer noch nicht

Der Fall ist tatsächlich vorgesehen? Beeindruckend ...

Re: Wann wird ein Urteil rechtskräftig ?

am 15.01.2006 22:53:07 von brueni.nospam

Holger Pollmann schrieb:

>>Gerichtsvollzieher, der ein verwaltungsrechtliches Urteil
>>vollstreckt? Wie habe ich mir das vorzustellen?
>
>
> Stell dir vor, du hast erfolgreich eine öffentliche Stelle auf eine
> Geldzahlung verklagt, und nach Rechtskraft des Urteils leistet die Stelle
> immer noch nicht - meinst du, du darfst dann selbst losgehen und das Geld
> holen? Nene, das macht der Gerichtsvollzieher :-)

In der Tat, § 882a ZPO, wenn der entsprechend gilt.

Und was macht der dann? Pfändet der dann die Schreibtische oder den
Kaffee? Oder fällt das beides unter § 882a II ZPO?
Und gibts ne Pfändungsfreigrenze für den Kaffee?

Darüber hab ich mir noch nie Gedanken gemacht, weil ich es noch nie
erlebt habe.
Der Staat geht nicht pleite und unterwirft sich immer Urteilen.
Oder gibt es da Fälle? Irgendeine kleine, nahezu insolvente Gemeinde,
der was weggepfändet wurde?


Christoph

Re: Wann wird ein Urteil rechtskräftig ?

am 15.01.2006 23:45:18 von Erwin Denzler

Christoph Brüninghaus schrieb:

> In der Tat, § 882a ZPO, wenn der entsprechend gilt.
>
> Und was macht der dann? Pfändet der dann die Schreibtische oder den
> Kaffee? Oder fällt das beides unter § 882a II ZPO?
> Und gibts ne Pfändungsfreigrenze für den Kaffee?

Siehe Art. 176 und 170 VwGO.

> Darüber hab ich mir noch nie Gedanken gemacht, weil ich es noch nie
> erlebt habe.
> Der Staat geht nicht pleite und unterwirft sich immer Urteilen.

Bei Leistungsklagen fällt mir da kein Beispiel ein, aber bei
Normenkontrollverfahren gleich zwei aktuelle:

Der EuGH hat vor einigen Jahren entschieden, das das deutsche ArbZG
gegen Gemeinschaftsrecht verstößt, wenn es Bereitschaftsdienste nicht
als Arbeitszeit definiert. Obwohl keine Übergangsfrist zur Umsetzung
gewährt wurde, hat der deutsche Gesetzgeber Ausnahmen zunächst bis Ende
letzten Jahres und vor kurzem noch verlängert vorgesehen. Also bewußt
eine Regelung neu geschaffen, obwohl sie laut EuGH unzulässig ist.

Weiteres Beispiel: der EuGH entschied (im letzten November, denke ich)
daß § 14 Abs. 3 TzBfG (erleichterte Befristung von Arbeitsverträgen ab
bestimmten Altersgrenzen) gegen Gemeinschaftsrecht verstößt, aber so
weit ersichtlich (bundesrecht.juris.de) ignorierte der deutsche
Gesetzgeber das und beließ die Vorschrift so wie sie war.

Hier wird zwar kein Gerichtsvollzieher aktiv werden können, aber die
Folge müßte wohl sein, daß die entsprechenden deutschen Gesetze nicht
mehr anwendbar sind.

E.D.

Re: Wann wird ein Urteil rechtskräftig ?

am 16.01.2006 00:15:31 von Holger Pollmann

Christoph Brüninghaus <> schrieb:

>> Stell dir vor, du hast erfolgreich eine öffentliche Stelle auf
>> eine Geldzahlung verklagt, und nach Rechtskraft des Urteils
>> leistet die Stelle immer noch nicht - meinst du, du darfst dann
>> selbst losgehen und das Geld holen? Nene, das macht der
>> Gerichtsvollzieher :-)
>
> In der Tat, § 882a ZPO, wenn der entsprechend gilt.

Nein, § 170 VwGO ist spezieller. Ansonsten gilt aber in der Tat das
Achte Buch der ZPO entsprechend, § 167 I VwGO.

> Und was macht der dann? Pfändet der dann die Schreibtische oder den
> Kaffee?

Zum Beispiel. Klar dürfte es üblicherweise sinnvoller sein, einen PfÜB
hinsichtlich der Konten der Stelle zu erwirken... und da ohnehin das
Gericht bestimmt, wie vollstreckt wird, wird es in aller Regel auch eine
Kontenpfändung vornehmen.

Wenn allerdings die Herausgabe einer Sache geschuldet wird, dann dürfte
das in der Tat ganz direkt der GV machen.

> Darüber hab ich mir noch nie Gedanken gemacht, weil ich es noch nie
> erlebt habe.
> Der Staat geht nicht pleite und unterwirft sich immer Urteilen.

Nein, das ist in der Tat nicht immer der Fall - wenn du mit "Staat" die
Verwaltung meinst.

> Oder gibt es da Fälle? Irgendeine kleine, nahezu insolvente
> Gemeinde, der was weggepfändet wurde?

Wüßte ich jetzt auf Anhieb nicht.

--
( ROT-13 if you want to email me directly: )
"Sie tragen Trauer? Der Untergang der DDR?" - "Nein, Leni Riefenstahl.
Der Führer hat sie zu sich genommen." -- Abschiedsshow Scheibenwischer,
02.10.2003

Re: Wann wird ein Urteil rechtskräftig ?

am 16.01.2006 09:34:44 von brueni.nospam

Holger Pollmann schrieb:

[...]

>>Darüber hab ich mir noch nie Gedanken gemacht, weil ich es noch nie
>>erlebt habe.
>>Der Staat geht nicht pleite und unterwirft sich immer Urteilen.
>
>
> Nein, das ist in der Tat nicht immer der Fall - wenn du mit "Staat" die
> Verwaltung meinst.

Mit Staat meine ich alles, was es an Exekutive, Legislative und
Judikative gibt.

Danke für die Erläuterungen.

Christoph

Re: Wann wird ein Urteil rechtskräftig ?

am 16.01.2006 09:34:44 von brueni.nospam

Erwin Denzler schrieb:

[...]

>
> Bei Leistungsklagen fällt mir da kein Beispiel ein, aber bei
> Normenkontrollverfahren gleich zwei aktuelle:
>
> Der EuGH hat vor einigen Jahren entschieden, das das deutsche ArbZG
> gegen Gemeinschaftsrecht verstößt, wenn es Bereitschaftsdienste nicht
> als Arbeitszeit definiert. Obwohl keine Übergangsfrist zur Umsetzung
> gewährt wurde, hat der deutsche Gesetzgeber Ausnahmen zunächst bis Ende
> letzten Jahres und vor kurzem noch verlängert vorgesehen. Also bewußt
> eine Regelung neu geschaffen, obwohl sie laut EuGH unzulässig ist.
>
> Weiteres Beispiel: der EuGH entschied (im letzten November, denke ich)
> daß § 14 Abs. 3 TzBfG (erleichterte Befristung von Arbeitsverträgen ab
> bestimmten Altersgrenzen) gegen Gemeinschaftsrecht verstößt, aber so
> weit ersichtlich (bundesrecht.juris.de) ignorierte der deutsche
> Gesetzgeber das und beließ die Vorschrift so wie sie war.
>
> Hier wird zwar kein Gerichtsvollzieher aktiv werden können, aber die
> Folge müßte wohl sein, daß die entsprechenden deutschen Gesetze nicht
> mehr anwendbar sind.

Jetzt wage ich mich auf für mich unsicheres Terrain, weil ich mit
Verwaltungsrecht seit dem Referendariat nicht mehr beschäftigt habe, und
phantasiere ein wenig vor mich hin:

Wenn man davon ausginge, dass in einem solchen Verfahren des EuGH die
deutsche VwGO und ZPO gelten würden:

Normenkontrollverfahren dürfte ja einem Feststellungsurteil im
Zivilverfahren ähneln. Da nur ein Rechtszustand festgestellt wird, gibt
es da auch nix zu vollstrecken. Soweit der Gesetzgeber verpflichtet
wird, eine Gesetzgebung zu schaffen, handelt es sich um eine Handlung
ähnlich de "nicht vertretbare Handlung" des § 888 ZPO.

Zwangsvollstreckung durch einen GV scheidet also aus, wenn man davon
ausginge, dass dazu die deutsche VwGO und ZPO gelte.

Christoph

Re: Wann wird ein Urteil rechtskräftig ?

am 16.01.2006 11:21:01 von axbnospamatall

Am Sun, 15 Jan 2006 22:33:47 +0100, schrieb Christoph Brüninghaus
<> :

>> Dann hast Du sicherlich auch eine entsprechende Auflage
>> (Sicherheitsleistung).
>
>Nun gibt es aber auch genügend Urteile, die ohne Sicherheitsleistung für
>vorläufig vollstreckbar erklärt werden können.

Bei Klagen auf Geldzahlung habe ich das noch nie ohne
Sicherheitsleistung gesehen. Aber ich kenne auch nicht alle Urteile
aus D.

>> In der Regel musst Du dann den gleichen Betrag
>> beim Gericht hinterlegen.
>
>Gleich was?

Gleich dem Dir zugesprochenen Geldbetrages. Manchmal gibt es auch noch
einen "Sicherheitsaufschlag". Nach Rechtskraft des Urteils wird diese
Sicherheitsleistung natürlich erstattet.


Grüße

Axel

Re: Wann wird ein Urteil rechtskräftig ?

am 16.01.2006 11:57:40 von brueni.nospam

Axel Böhm schrieb:

>>>Dann hast Du sicherlich auch eine entsprechende Auflage
>>>(Sicherheitsleistung).
>>
>>Nun gibt es aber auch genügend Urteile, die ohne Sicherheitsleistung für
>>vorläufig vollstreckbar erklärt werden können.
>
>
> Bei Klagen auf Geldzahlung habe ich das noch nie ohne
> Sicherheitsleistung gesehen. Aber ich kenne auch nicht alle Urteile
> aus D.

Vgl. § 708 ZPO.

Christoph

Re: Wann wird ein Urteil rechtskräftig ?

am 16.01.2006 12:01:50 von Florian Kleinmanns

Christoph Brüninghaus <> schrieb:
>> Stell dir vor, du hast erfolgreich eine öffentliche Stelle auf eine
>> Geldzahlung verklagt, und nach Rechtskraft des Urteils leistet die Stelle
>> immer noch nicht - meinst du, du darfst dann selbst losgehen und das Geld
>> holen? Nene, das macht der Gerichtsvollzieher :-)
>
>Darüber hab ich mir noch nie Gedanken gemacht, weil ich es noch nie
>erlebt habe.
>Der Staat geht nicht pleite und unterwirft sich immer Urteilen.
>Oder gibt es da Fälle? Irgendeine kleine, nahezu insolvente Gemeinde,
>der was weggepfändet wurde?

Ich könnte mir vorstellen, dass es Fälle gibt, in denen eine Kombination
von Unzuständigkeit, Unfähigkeit, Urlaubs-/Krankheitsabwesenheit und
Behördenpostlaufzeiten dazu führt, dass der Gläubiger nach einigen
Wochen oder Monaten die Zwangsvollstreckung aus Ungeduld betreibt.

Grüße
Florian
--
Mail to the "From" address will be silently discarded. Use the
"Reply-To" address only.

Re: Wann wird ein Urteil rechtskräftig ?

am 16.01.2006 12:05:33 von Florian Kleinmanns

Axel Böhm <> schrieb:
>>> In der Regel musst Du dann den gleichen Betrag
>>> beim Gericht hinterlegen.
>>
>>Gleich was?
>
>Gleich dem Dir zugesprochenen Geldbetrages. Manchmal gibt es auch noch
>einen "Sicherheitsaufschlag". Nach Rechtskraft des Urteils wird diese
>Sicherheitsleistung natürlich erstattet.

Der "Sicherheitsaufschlag" beträgt in allen mir bekannten Gegenden 10%
(...vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung von 110% des
jeweils zu vollstreckenden Betrages..., § 709 ZPO). Mag sein, dass es
regionale Unterschiede gibt - 120% oder 130% Sicherheitsleistung würden
mich nicht überraschen -, aber vorläufige Vollstreckbarkeit gegen
Sicherheitsleistung ohne "Sicherheitsaufschlag" halte ich angesichts §
717 Abs. 2 ZPO für unvertretbar.

Grüße
Florian
--
Mail to the "From" address will be silently discarded. Use the
"Reply-To" address only.

Re: Wann wird ein Urteil rechtskräftig ?

am 16.01.2006 12:11:43 von brueni.nospam

Florian Kleinmanns schrieb:

>>>>In der Regel musst Du dann den gleichen Betrag
>>>>beim Gericht hinterlegen.
>>>
>>>Gleich was?
>>
>>Gleich dem Dir zugesprochenen Geldbetrages. Manchmal gibt es auch noch
>>einen "Sicherheitsaufschlag". Nach Rechtskraft des Urteils wird diese
>>Sicherheitsleistung natürlich erstattet.
>
>
> Der "Sicherheitsaufschlag" beträgt in allen mir bekannten Gegenden 10%
> (...vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung von 110% des
> jeweils zu vollstreckenden Betrages..., § 709 ZPO). Mag sein, dass es
> regionale Unterschiede gibt - 120% oder 130% Sicherheitsleistung würden
> mich nicht überraschen -, aber vorläufige Vollstreckbarkeit gegen
> Sicherheitsleistung ohne "Sicherheitsaufschlag" halte ich angesichts §
> 717 Abs. 2 ZPO für unvertretbar.

Jupp, so kenne ich es auch.

Christoph

Re: Wann wird ein Urteil rechtskräftig?

am 16.01.2006 21:39:46 von CEN

Christoph Brüninghaus schrieb:

> Das sieht das Gesetz und die Allgemeinheit der Rechtsanwender anders.

Na ja, dogmatisch schon, aber jetzt mal im Ernst: wie oft
hast Du im Zivilprozess schon einen Rechtsmittelverzicht
erlebt? Wenn man soweit ist, dass die Parteien den erklären
würden, schließen sie auch den von Dir vorgeschlagenen
Vergleich :-)

Das höchste der Gefühle ist der Verzicht auf TB und Gründe
im Berufungsverfahren ...

--
Dr. Christian E. Naundorf alias CEN

"So spricht der Herr: Das Recht ströme wie Wasser
und Gerechtigkeit wie ein nie versiegender Bach!" (Amos 5, 24)

Re: Wann wird ein Urteil rechtskräftig?

am 16.01.2006 21:42:43 von CEN

"Axel Böhm" schrieb:
>
> Am Sun, 15 Jan 2006 22:33:47 +0100, schrieb Christoph Brüninghaus

> >Nun gibt es aber auch genügend Urteile, die ohne Sicherheitsleistung für
> >vorläufig vollstreckbar erklärt werden können.
>
> Bei Klagen auf Geldzahlung habe ich das noch nie ohne
> Sicherheitsleistung gesehen. Aber ich kenne auch nicht alle Urteile
> aus D.

Dann machst Du offenbar nur in hohen Beträgen :-)

Bei hinreichend kleinen Summen ist das sozusagen die Regel.
Und bei Versäumnisurteilen schon ohnehin, egal wie hoch.

--
Dr. Christian E. Naundorf alias CEN

"So spricht der Herr: Das Recht ströme wie Wasser
und Gerechtigkeit wie ein nie versiegender Bach!" (Amos 5, 24)

Re: Wann wird ein Urteil rechtskräftig ?

am 16.01.2006 23:05:33 von Erwin Denzler

Florian Kleinmanns schrieb:
>
> Ich könnte mir vorstellen, dass es Fälle gibt, in denen eine Kombination
> von Unzuständigkeit, Unfähigkeit, Urlaubs-/Krankheitsabwesenheit und
> Behördenpostlaufzeiten dazu führt, dass der Gläubiger nach einigen
> Wochen oder Monaten die Zwangsvollstreckung aus Ungeduld betreibt.

Um das zu vermeiden, gibt's ja noch den § 882a ZPO (Zwangsvollstreckung
muß 4 Wochen vorher angekündigt werden, wenn es gegen den Bund, ein Land
oder eine KdÖR geht). Da hat z.B. der Oberbürgermeister noch genug Zeit,
seine Stadtkasse zur Zahlung anzuhalten. Wird wohl nach VwGO auch
anwendbar sein.

E.D.

Re: Wann wird ein Urteil rechtskräftig ?

am 16.01.2006 23:08:11 von Holger Pollmann

Erwin Denzler <> schrieb:

> Um das zu vermeiden, gibt's ja noch den § 882a ZPO
> (Zwangsvollstreckung muß 4 Wochen vorher angekündigt werden, wenn
> es gegen den Bund, ein Land oder eine KdÖR geht). Da hat z.B. der
> Oberbürgermeister noch genug Zeit, seine Stadtkasse zur Zahlung
> anzuhalten. Wird wohl nach VwGO auch anwendbar sein.

Nein, § 170 VwGO ist spezieller, § 882a ZPO ist daher nicht anwendbar.

--
( ROT-13 if you want to email me directly: )
"Sie tragen Trauer? Der Untergang der DDR?" - "Nein, Leni Riefenstahl.
Der Führer hat sie zu sich genommen." -- Abschiedsshow Scheibenwischer,
02.10.2003

Re: Wann wird ein Urteil rechtskräftig ?

am 17.01.2006 11:23:27 von Christian Konrad

Holger Pollmann schrieb:
........
>>anzuhalten. Wird wohl nach VwGO auch anwendbar sein.
>
>
> Nein, § 170 VwGO ist spezieller, § 882a ZPO ist daher nicht anwendbar.

Kannst Du das mal näher erläutern? Wenn ich keinen Denkfehler drinnen
hab, vollstreckt die "zuständige Stelle" (hier: Gerichtsvollzieher) nach
den "für sie geltenden Vorschriften". Und das ist wimre immer noch die
ZPO. Wieso soll die dann nicht anwendbar sein? Ich würde den 882a ZPO
schon nur wegen der Bestimmung des zuständigen GV anwenden, da hier ja
wohl die allgemeine Geschäftsverteilung für GV nicht zur Anwendung kommt.

fragende Grüße

Markus

Re: Wann wird ein Urteil rechtskräftig ?

am 17.01.2006 12:23:26 von Holger Pollmann

Markus Frauendorfer <> schrieb:

>>> anzuhalten. Wird wohl nach VwGO auch anwendbar sein.
>>
>> Nein, § 170 VwGO ist spezieller, § 882a ZPO ist daher nicht
>> anwendbar.
>
> Kannst Du das mal näher erläutern? Wenn ich keinen Denkfehler
> drinnen hab, vollstreckt die "zuständige Stelle" (hier:
> Gerichtsvollzieher) nach den "für sie geltenden Vorschriften".

Und da § 170 VwGO spezieller ist, wendet der Gerichtsvollzieher nicht §
882a ZPO an, sondern § 170 VwGO - das ist dann die für sie geltende
Vorschrift. Exakt :-)

> Und das ist wimre immer noch die ZPO. Wieso soll die dann nicht
> anwendbar sein?

Nun, weil nunmal gilt: lex specialis derogat legem generalem. § 882a ZPO
gilt für die Vollstreckung von zivilrechtzlichen Urteilen; für die von
verwaltungsrechtlichen gälte die ZPO erst einmal gar nicht, tut sie dann
aber wegen § 167 I VwGO eben doch. Aber § 170 VwGO gilt dann eben nur für
das verwaltungsgerichtsurteilvollstreckende Handeln des GV, während
§ 882a ZPO allgemein für ihn gilt, so daß § 170 VwGO spezieller ist.

Im übrigen steht in § 167 I VwGO wie üblich ausdrücklich drin, daß die
ZPO nur insoweit Anwendung findet, als sich aus der VwGO nichts anderes
ergibt. Und da das, was inhaltlich in § 882a ZPO steht, in § 170 VwGO
nochmal normiert ist, ergibt sich eben aus der VwGO, daß insoweit die ZPO
keine Anwendung findet.

Was inhaltlich natürlich keinen sonderlichen Unterschied macht.

--
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02.10.2003

Wo sind die Lateiner? (was: Wann wird ein Urteil

am 17.01.2006 12:33:42 von CEN

Holger Pollmann schrieb:

> Nun, weil nunmal gilt: lex specialis derogat legem generalem.

.... und ich dachte immer, derogat legi generali.

Zugegeben habe ich mich schon immer gefragt, wieso
derogare mit dem Dativ des Weges kommt. Kann uns
mal irgend so ein römisch-Rechtler aufklären, wo
der Spruch im Original herkommt?

--
Dr. Christian E. Naundorf alias CEN

"So spricht der Herr: Das Recht ströme wie Wasser
und Gerechtigkeit wie ein nie versiegender Bach!" (Amos 5, 24)

Re: Wo sind die Lateiner? (was: Wann wird ein Urteil rechtskräftig)

am 19.01.2006 23:32:27 von Holger Pollmann

"Christian E. Naundorf" <> schrieb:

>> Nun, weil nunmal gilt: lex specialis derogat legem generalem.
>
> ... und ich dachte immer, derogat legi generali.

Tja... <kram kram> m.W. gibt's zwei Bedeutungen von derogare, einmal
"wegnehmen" oder so (dann ist es mit Dativ, meine ich) und einmal
"vermindern, teilweise abschaffen", und ich meine, dann stünde es mti
Akkusativ.

Und welche von beiden Bedeutungen es ist, weiß ich nicht..

Hundertprozentig sicher bin ich mir aber nicht, ein spontanes Googlen
erbrachte nicht viel, und mein kleiner Lateinlangenscheidt sagt leider
nie, welcher Fall es ist, sondern bringt nur ein Beispiel:

de-rogo 1
1. teilweise abschaffen [ex lege aliquid]
2. wegnehmen, entziehen, absprechen

Und mir scheint es ja die erstere Bedeutung zu sein, und da steht
eiugentlich recht klar, daß das, was abgeschafft wird (aliquid), im
Akkusativ steht, denn der Dativ wäre ja alicui.

--
( ROT-13 if you want to email me directly: )
"Sie tragen Trauer? Der Untergang der DDR?" - "Nein, Leni Riefenstahl.
Der Führer hat sie zu sich genommen." -- Abschiedsshow Scheibenwischer,
02.10.2003

Re: Wo sind die Lateiner? (was: Wann wird ein Urteil rechtskräftig)

am 20.01.2006 05:49:57 von Thomas Kaufmann

"Christian E. Naundorf" <> schrieb:

> ... und ich dachte immer, derogat legi generali.
[...]
> Kann uns
> mal irgend so ein römisch-Rechtler aufklären, wo
> der Spruch im Original herkommt?

Es heißt: Lex specialis derogat legi generali. Soweit ich weiß, stammt diese
Parömie aus Justinians Corpus Iuris Civilis und ist damit noch älteren
Ursprungs.

Gruß, Thomas