Ich in der Schweiz, meine Frau in Deutschland

Ich in der Schweiz, meine Frau in Deutschland

am 16.05.2006 17:49:52 von Matthias Langbein

Hi zusammen,

momentan pendle ich noch von D in die Schweiz, und überlege mir, ein
Zimmer in der Schweiz zu mieten, und für die Wochenenden heimzukommen.

Nun meine Fragen:

1.) Ich hätte meinen Erstwohnsitz 7 Monate in der Schweiz, würde aber
ja nur 5 Tage die Woche dort wohnen, d.h. c.a. 150 Tage des
verbleibenden Jahres. Würde ich trotzdem in der Schweiz voll besteuert
werden, und von der deutschen Einkommensteuer befreit?

2.) Wie werden die Steuern meiner Frau (in D arbeitend) erhoben?
a) kein Ehegattensplitting, also unabhängeg von meinem Einkommen
b) Nach Ehegattensplittingtarif, beginnend mit dem Grenzsteuersatz
meines Einkommens
c) anders, wenn ja wie?

Danke, Gruss Langi

Re: Ich in der Schweiz, meine Frau in Deutschland

am 16.05.2006 18:05:00 von Markus Ritter

Matthias Langbein schrieb:
> Hi zusammen,
>
> momentan pendle ich noch von D in die Schweiz, und überlege mir, ein
> Zimmer in der Schweiz zu mieten, und für die Wochenenden heimzukommen.
>
> Nun meine Fragen:
>
> 1.) Ich hätte meinen Erstwohnsitz 7 Monate in der Schweiz, würde aber
> ja nur 5 Tage die Woche dort wohnen, d.h. c.a. 150 Tage des
> verbleibenden Jahres. Würde ich trotzdem in der Schweiz voll besteuert
> werden, und von der deutschen Einkommensteuer befreit?

Das kommt darauf an. Art 15a des DBA-Deutschland-Schweiz redet von 60
Tagen, auf denen aufgrund der Arbeit nicht an den Heimatort
zurückgekehrt wird. Da das sehr schwammig ist, gilt mittlerweile die
Regel, dass alles was länger als 1.5 Stunden pro Fahrt oder weiter als
110 Kilometer ist, eine berufliche Übernachtung in der Schweiz
rechtfertigt. Wenn es weniger ist, wirst Du kämpfen müssen und
vermutlich verlieren :-(


> 2.) Wie werden die Steuern meiner Frau (in D arbeitend) erhoben?
> a) kein Ehegattensplitting, also unabhängeg von meinem Einkommen

Wenn ihr getrennt veranlagt werdet, weil Du nicht unbeschränkt
steuerpflichtig in D bist, werdet ihr wie Singles besteuert.
Deine Frau mit Ihrem Welteinkommen, Du mit Deinem Welteinkommen
exklusive Deines schweizerischen Gehaltes, dass allerdings dem
Progressionsvorbehalt unterliegt.

HTH

Markus





--
Die Gewöhnung an Ironie, ebenso wie die an Sarkasmus, verdirbt übrigens
den Charakter, sie verleiht allmählich die Eigenschaft einer
schadenfrohen Überlegenheit: man ist zuletzt einem bissigen Hunde
gleich, der noch das Lachen gelernt hat, außer dem Beißen. (Nietzsche)

Re: Ich in der Schweiz, meine Frau in Deutschland

am 16.05.2006 18:32:59 von Matthias Langbein

>Das kommt darauf an. Art 15a des DBA-Deutschland-Schweiz redet von 60
>Tagen, auf denen aufgrund der Arbeit nicht an den Heimatort
>zurückgekehrt wird. Da das sehr schwammig ist, gilt mittlerweile die
>Regel, dass alles was länger als 1.5 Stunden pro Fahrt oder weiter als
>110 Kilometer ist, eine berufliche Übernachtung in der Schweiz
>rechtfertigt. Wenn es weniger ist, wirst Du kämpfen müssen und
>vermutlich verlieren :-(

Und wie sieht das nächstes Jahr aus, wenn ich das komplette Jahr
meinen "Erstwohnsitz" in der Schweiz habe, und wochenendsweise nach
Deutschland komme?
Was versteht das angewandte DBA unter "Lebensmittelpunkt", was sind
die Kriterien?

Re: Ich in der Schweiz, meine Frau in Deutschland

am 17.05.2006 07:55:36 von Markus Ritter

Matthias Langbein schrieb:
>>Das kommt darauf an. Art 15a des DBA-Deutschland-Schweiz redet von 60
>>Tagen, auf denen aufgrund der Arbeit nicht an den Heimatort
>>zurückgekehrt wird. Da das sehr schwammig ist, gilt mittlerweile die
>>Regel, dass alles was länger als 1.5 Stunden pro Fahrt oder weiter als
>>110 Kilometer ist, eine berufliche Übernachtung in der Schweiz
>>rechtfertigt. Wenn es weniger ist, wirst Du kämpfen müssen und
>>vermutlich verlieren :-(
>
> Und wie sieht das nächstes Jahr aus, wenn ich das komplette Jahr
> meinen "Erstwohnsitz" in der Schweiz habe, und wochenendsweise nach
> Deutschland komme?

Dann ändert sich nichts.

Folgendes hat mir auf meine damalige Anfrage die eidgenössische
Steuerverwaltung geschickt:



Uebersicht über die neueren Verständigungsvereinbarungen zur Besteuerung
von Grenzgängern im schweizerisch-deutschen Verhältnis

Mit dem Revisionsprotokoll vom 21. Dezember 1992 (vgl. Locher/Meier/von
Siebenthal/Kolb, Doppelbesteuerungsabkommen Schweiz-Deutschland 1971 und
1978 A 1.4) wurde die Besteuerung von Grenzgängern im
schweizerisch-deutschen Verhältnis auf eine neue Grundlage gestellt.
Während sich die alte Regelung auf einen Grenzkorridor von 30 km
beidseits der Grenze abstützte, ist der Grenzgängerbegriff im
revidierten Abkommen offener formuliert. Schon bald nach Inkrafttreten
des Revisionsprotokolls von 1992 zeichnete sich ab, dass bei der
Anwendung der Neuregelung zum Teil unterschiedliche Auffassungen der
Steuerbehörden beider Staaten zur Auslegung des Grenzgängerbegriffs
(Art. 15a Abs.2 DBAD) zu Tage traten. Demzufolge ergab sich eine
zunehmende Zahl von Anwendungsproblemen, die im Verständigungswege zu
lösen waren. Im Vordergrund steht dabei die sog. 60 Tage-Regel. Nach
dieser Regel entfällt die Grenzgängereigenschaft bei Personen, die an
mehr als 60 Arbeitstagen pro Jahr aufgrund der Arbeitsausübung nicht an
ihren Wohnsitz zurückkehren. Was ist nun aber unter den Begriffen
„Arbeitstagen“ und „aufgrund der Arbeitsausübung“ zu verstehen? Die
Verständigungsvereinbarung vom 6. September 1994, die als sog.
„Einführungsschreiben“ in beiden Staaten veröffentlicht wurde (vgl.
Locher/Meier/von Siebenthal/Kolb A 3.3.10), enthält dazu
Auslegungshilfen. Ergänzend wurden seither neben Einzelfalllösungen
mehrere generelle Verständigungsvereinbarungen getroffen. Da es nicht
immer leicht ist, die Uebersicht über die beidseits akzeptierten
Auslegungsgrundsätze zu gewinnen, soll nachfolgend der heutige Stand
kurz zusammengefasst werden.

1. Zum Begriff „Arbeitstage“

Die deutschen Finanzämter stellten sich bei Arbeitnehmern, die übers
Wochenende auf Geschäftsreise im Ausland weilten und deshalb nicht an
ihren Wohnsitz zurückkehren konnten, auf den Standpunkt, dass solche
Nichtrückkehrtage nicht zu berücksichtigen wären. Sie beriefen sich
dabei auf den Wortlaut von Art. 15a Abs. 2 DBAD. Danach entfällt die
Grenzgängereigenschaft, wenn die Person an mehr als 60 Arbeitstagen
nicht an ihren Wohnsitz zurückkehrt. Weil nun das Wochenende i.d.R.
nicht zu den Arbeitstagen zählt, dürften die darauf entfallenden
Nichtrückkehren - so die Argumentation der Finanzämter - bei der
Zählweise nicht einbezogen werden. Hier konnte im Verständigungsweg eine
gemeinsame Auslegung gefunden werden, die zwar vom Wortlaut abweicht,
aber dem Zweck der Regelung, wonach arbeitsbedingte Nichtrückkehren
berücksichtigt werden sollen, Rechnung trägt. Nach der getroffenen
Verständigungslösung werden nun bei mehrtägigen Geschäftsreisen alle
Wochenend- und Feiertage, für die der Arbeitgeber die Reisekosten trägt
- und das wird i.d.R. der Fall sein - als Nichtrückkehrtage angesehen.

2. Zur „Nichtrückkehr aufgrund der Arbeitsausübung“

Zu dieser Frage wurden im Wege des Verständigungsverfahrens zusätzlich
zu den Erläuterungen im Einführungsschreiben zwei weitere Punkte geklärt.

a) Personen mit Residenzpflicht

Bei deutschen Arbeitnehmern, die in der Schweiz eine Aufenthalts- oder
Niederlassungbewilligung besitzen und hier aufgrund einer zwingenden
Vorschrift schweizerischen Rechts im Zusammenhang mit ihrer Tätigkeit
einen Wohnsitz haben müssen, wird davon ausgegangen, dass sie an mehr
als 60 Tagen pro Jahr aufgrund ihrer Arbeitsausübung nicht an ihren
Wohnsitz in Deutschland zurückkehren.

Von schweizerischer Seite wurde vorgeschlagen, dass diese Lösung nicht
nur für Personen mit Residenzpflicht gelten soll, sondern generell für
Arbeitnehmer, die neben dem deutschen Wohnsitz auch einen
schweizerischen Wohnsitz haben und wenn letzterer mit dem
Arbeitsverhältnis in ursächlichem Zusammenhang steht. Ein solcher
ursächlicher Zusammenhang ist etwa dann gegeben, wenn der Arbeitgeber
verlangt, dass der deutsche Arbeitnehmer in der Schweiz Wohnsitz nimmt.
Da eine tägliche Rückkehr an den deutschen Wohnsitz mit den an die
Erlangung und Beibehaltung einer Aufenthalts- oder
Niederlassungbewilligung gestellten Erfordernissen des BG vom 26. März
1931 über Aufenthalt und Niederlassung der Ausländer nicht vereinbar
ist, steht die Nichtrückkehr an den Wohnsitz in solchen Fällen in engem
Zusammenhang mit der Arbeitsausübung. Wenn eine Person für die Ausübung
ihres Berufes beispielsweise das Wirtepatent benötigt und das
Wirtepatent nur Personen mit Wohnsitz in der Schweiz erteilt wird, so
steht dieser schweizerische Wohnsitz aufgrund einer Aufenthalts- oder
Niederlassungsbewilligung in engem Zusammenhang mit der Arbeitsausübung.
Würde eine solche Person täglich an den deutschen Wohnsitz zurückkehren,
müsste ihr die Aufenthalts- oder Niederlassungsbewilligung entzogen
werden und damit könnte sie auch ihre Arbeit nicht mehr ausüben. Es
erscheint daher unabdinglich, auch diese Frage verständigungsweise zu
klären.

b) Eine weitere Präzisierung der Frage, wann eine Nichtrückkehr
aufgrund der Arbeitsausübung anzunehmen ist, konnte im Wege des
Verständigungsverfahrens dadurch herbeigeführt werden, dass objektive
zeitliche und räumliche Kriterien für die Zumutbarkeit der Rückkehr
aufgestellt wurden. Im Einführungsschreiben wurde festgelegt, dass eine
Nichtrückkehr aufgrund der Arbeitsausübung namentlich dann vorliegt,
wenn die Rückkehr an den Wohnsitz aus beruflichen Gründen nicht möglich
oder nicht zumutbar ist. Von deutscher Seite - die Finanzgerichte
eingeschlossen - wurde diese Auslegungshilfe im Einführungsschreiben
sehr weit ausgelegt. Das führte dazu, dass die Rückkehr im Ergebnis nur
in Einzelfällen als unzumutbar erachtet wurde. Zur Erleichterung der
Abkommensanwendung durch die Steuerbehörden, aber auch mit dem Ziel, die
Rechtssicherheit zu erhöhen, wurde folgende Lösung getroffen:

Eine Nichtrückkehr an den Wohnort wird dann berücksichtigt, wenn die
Strassenentfernung zwischen Wohnort und Arbeitsort mehr als 110 km
beträgt oder wenn ein Arbeitsweg länger als 1 ½ Stunden dauert.
Anderseits wird bei einer Strassenentfernung unter 90 km und einem
Arbeitsweg von weniger als einer Stunde davon ausgegangen, die Rückkehr
sei zumutbar. Hier ist allerdings im Einzelfall der Nachweis möglich,
dass die Rückkehr nicht zumutbar sei. Nach deutscher Praxis wird etwa
angenommen, dass auch bei kurzen Arbeitswegen eine Rückkehr dann nicht
zumutbar sei, wenn der Aufenthalt am Wohnsitz weniger als 8 Stunden
betragen würde.

Eine weitere Verständigungslösung zu dieser Frage besteht darin, dass
die Rückkehr an den Wohnsitz i.d.R. nicht zumutbar ist, wenn der
Arbeitgeber die Wohn- bzw. Uebernachtungskosten des Arbeitnehmers trägt.

Obwohl nicht zu verkennen ist, dass auch weiterhin gewisse Fragen im
Zusammenhang mit der Besteuerung von Grenzgängern offen bleiben, ist es
doch gelungen, für die in der Praxis am häufigsten anzutreffenden
Anwendungsfälle beidseits akzeptierte Lösungen zu finden.




Markus




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Die Gewöhnung an Ironie, ebenso wie die an Sarkasmus, verdirbt übrigens
den Charakter, sie verleiht allmählich die Eigenschaft einer
schadenfrohen Überlegenheit: man ist zuletzt einem bissigen Hunde
gleich, der noch das Lachen gelernt hat, außer dem Beißen. (Nietzsche)