Re: Telefonkontakt kalt/warm, mal wieder

Re: Telefonkontakt kalt/warm, mal wieder

am 06.06.2006 10:41:05 von Axel Ceh

Jens Arne Maennig schrieb:
> Über Pfingsten war mal etwas Zeit, sich durch Zeitschriftenstapel zu
> wühlen. Dabei bin ich in einem Heft namens "VALUE - Das Magazin für
> Medienproduktion und Unternehmenskommunikation" über einen Artikel zum
> UWG von einem RA Horst-Michael Ellmer gestolpert. Darin schreibt Herr
> Ellmer:
>
> | Viel schwieriger ist die Frage zu beantworten, wann von einer
> | konkludenten Einwilligung ausgegangen werden kann. Diese liegt nach
> | der Rechtsprechung nicht vor, wenn der Angerufene zu den werbenden
> | Unternehmen bereits in vertraglichen Beziehungen besteht. Auch wenn
> | ein Verbraucher in entsprechenden Formularen eines Unternehmens
> | seine Telefonnummer angegeben hat, bedeutet dies nicht, dass er
> | Anrufen dieses Unternehrnens generell zugestimmt hat. Aus der
> | Angabe der Telefonnummer lässt sich lediglich ableiten, dass Anrufe
> | zur Abwicklung des konkreten, bestehenden Vertragsverhältnisses
> | zulässig sein sollen.


Ich würde mal in der richtigen Gruppe dsrm dafür fragen, daher X-post
mit F/up.
Kann dir auch nicht helfen, aber habe zu diesem Thema vor ein paar Tagen
mal eine neue, interessante Variante eines SKL-Coldcallers gehört: Auf
meine Frage, wie er denn zu der Ansicht gelange, ich hätte in seinen
Werbeanruf "eingewilligt", antwortete er: "Um das zu erfahren, rufe ich
ja gerade an. Also - willigen Sie in meinen Anruf ein?"
Meine Antwort könnt ihr euch denken. Aber ich fand diese Antwort
ziemlich clever. Können also SKL-Anrufer den § 7 UWG dadurch umgehen, in
dem sie als ersten Satz einfach fragen: "Darf ich Ihnen mal ein Produkt
vorstellen?" - so oder ähnlich?

Gruß,
Axel

Hier kommt der Rest von Jens Posting:

> Leider nennt der Herr Rechtsanwalt keine Quellen für "die
> Rechtsprechung". Selbst ich als Telefonmarketinghasser war davon
> ausgegangen, dass die Angabe der Telefonnummer als Einladung zum
> Telefonspam durch das betreffende Unternehmen verstanden werden darf.
> So hatte ich das vor urzeiten auch mal gelernt.
>
> Kennt jemand anderweitige Urteile, auf die sich Herr Ellmer
> möglicherweise beruft?
>
> Falls jemanden der Kontext des etwas dürren Artikels interessiert,
> zitiere ich unten mal etwas umfangreicher :-)
>
> Jens
>
> *****
>
> Direktmarketing und Wettbewerbsrecht
> Neue gerichtliche Entscheidungen
> von Horst-Michael Ellmer
>
> Mit der Novelle zum Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) im
> Jahre 2004 hat der Gesetzgeber dort in § 7 den Tatbestand der
> "unzumutbaren Belästigung" in den Gesetzestext aufgenommen. Er lautet
> nunmehr wie folgt:
>
> § 7 Unzumutbare Belästigungen
>
> (1) Unlauter im Sinne von § 3 handelt,
>
> wer einen Marktteilnehnier in unzumutbarer Weise belästigt.
>
> (2) Eine unzumutbare Belästigung ist ins
>
> besondere anzunehmen
>
> 1. bei einer Werbung, obwohl erkennbar ist, dass der Empfänger diese
> Werbung nicht wünscht,
>
> 2. bei einer Werbung mit Telefonanrufen gegenüber Verbrauchern ohne
> deren Einwilligung oder gegenüber sonstigen Marktteilnehmern ohne
> deren zumindest mutmaßliche Einwilligung;
>
> 3. bei einer Werbung unter Verwendung von automatischen
> Anrufmaschinen, Faxgeräten oder elektronischer Post, ohne dass eine
> Einwilligung der Adressaten vorliegt;
>
> 4. bei einer Werbung mit Nachrichten, bei der die Identität des
> Absenders, in dessen Auftrag die Nachricht übermittelt wird,
> verschleiert oder verheimlicht wird oder
>
> bei der keine gültige Adresse vorhanden ist, an die der Empfänger eine
> Aufforderung zur Einstellung solcher Nachrichten richteil kann, ohne
> dass hierfür andere als die Übermittlungskosten nach den Basistarifen
> entstehen.
>
> (3) Abweichend von Absatz 2 Nr. 3 ist eine unzumutbare Belästigung bei
> einer Werbung unter Verwendung elektronischer Post nicht anzunehmen,
> wenn
>
> 1. ein Unternehmer im Zusammenhang mit dem Verkauf einer Ware oder
> Dienstleistung von dem Kunden dessen elektronische Postadresse
> erhalten hat,
>
> 2. der Unter neh in er die Adresse zur Direktwerbung für eigene
> ähnliche Waren oder Dienstleistungen verwendet,
>
> 3. der Kunde der Verwendung nicht widersprochen hat und
>
> 4. der Kunde bei Erhebung der Adresse und bei jeder Verwendung klar
> und deutlich darauf hingewiesen wird, dass er der Verwendung jederzeit
> widersprechen kann, ohne dass hierfür andere als die
> Übertnittlungskosten nach den Basistarifen entstehen.
>
> In den Absätzen 2 und 3 hat der Gesetzgeber nunmehr Beispiele für eine
> unzumutbare Belästigung in das Gesetz aufgenommen. Diese Beispiele
> sind solche des Dircktmarketings, wobei es sich jedoch nicht um eine
> abschließende Aufzählung handelt.
>
> Mit dieser Regelung soll dem Schutz der privaten und beruflichen
> Sphäre der Werbeadressaten Rechnung getragen werden. Hierbei stellt
> der Gesetzgeber darauf ab, dass Direktmarketingmaßnahmen dann im Sinne
> des Wettbewerbsrechts unlauter sind, wenn Marktteilnehmer in
> "unzumutbarer Weise" belästigt werden. Schon aus dieser begrifflichen
> Bestimmung lässt sich erkennen, dass eine gewisse Belästigung durch
> Werbung vom Gesetzgeber geduldet wird. Eine bloße Belästigung durch
> Werbung muss also hingenommen wurden. Erst dann, wenn diese
> Belästigung durch die Werbung "unzumutbar" wird, ist Werbung unlauter
> und damit unzulässig.
>
> In Absatz 2 hat der Gesetzgeber nun einige Regelbeispiele aufgeführt,
> bei deren Vorliegen ininier eine unzumutbare Belästigung anzunehmen
> ist.
>
> § 7 Abs. 2 Nr. 1 UWG:
>
> Hiernach ist eine Werbung dann als unzumutbare Belästigung zu
> quafifizieren, wenn erkennbar ist, dass der Finpfänger diese Werbung
> nicht wünscht. Es ist also erforderlich, dass
> der Werbeempfänger seinen entsprechenden Willen nach Außen kund tut.
> Das beliebteste Beispiel in diesem Zusammenhang ist eine
> Briefkastenaufkleber mit dem Inhalt "Werbung unerwünscht". Hieraus
> folgt im Gegenschluss, dass die Briefkastenwerbung (Einwurf von
> Prospekten, Katalogen etc.) grundsätzlich als erlaubt anzusehen ist.
>
> Eine Erkennbarkeit, dass Werbung unerwünscht ist, ergibt sich für den
> Werbenden auch dann, wenn der Werbeempfänger in der so genannten
> RobinsonListe eingetragen ist. Diese Liste wird geführt vom Deutschen
> Direktmarketing-Verband e.V. in Wiesbaden und ist zunächst nur Kir die
> Mitgliederunternehmen in diesen) Verband maßgebend. Der Verband gibt
> aber auch solchen Unternehmen, die nicht Mitglieder sind, die
> Möglichkeit mit Hilfe dieser Liste ihre eigenen Daten zu überprüfen.
>
> Sollte trotz der Erkennbarkeit des entgegenstehenden Willens Werbung
> zugestellt werden, ist zunächst der Verteiler selbst hierfür
> verantwortlich. Als Verteiler kommt in den meisten Fällen sicherlich
> die Deutsche Post AG in Betracht. Auch das Unternehmen selbst, welches
> die Werbung initiiert hat, ist für die unzulässige Werbung
> verantwortlich.
>
> In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass Ansprüche aus dem
> Wettbewerbsrecht dein einzelnen Verbraucher nicht zustehen.
> Wettbewerbsrechtliche Ansprüche stehen gemäß § 8 UWG den Mitbewerbern,
> den Industrie- und Handelskammern oder den Handwerkskammern,
> Wettbewerbsvereinen und Verbraucherverbänden zu. Bei der Novelle des
> UWG hat der Gesetzgeber bewusst darauf verzichtet, auch dem einzelnen
> Verbraucher die Abwehrrechte des UWG (insbesondere Beseitigungs-,
> Unterlassungs- und Schadensersatzansprüche) zuzubilligen. Sicherlich
> befürchtete man in diesem Zusammenhang eine Flut von Klagen wegen
> vermeintlicher Wettbewerbsverstöße. Der Verbraucher selbst ist jedoch
> nicht schutzlos, da ihm Ansprüche gegen die Verantwortlichen einer
> unzulässigen Werbung aus dem Bürgerlichen Gesetzbuch zustehen. Auch
> hier ergeben sich aus dem Recht der unerlaubten Handlungen
> entsprechende Ansprüche des einzelnen Verbrauchers.
>
> § 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG:
>
> Die Telefonwerbung wird als Vorm des Direktmarketings immer beliebter.
> Wer fühlte sich nicht bereits durch Anrufe unter dem Privatanschluss
> oder aber auch am Arbeitsplatz gestört. Dies ist sicherlich nicht
> zuletzt darin begründet, dass geschulte Mitarbeiter der werbenden
> Unternehmen selbst oder auch Mitarbeiter von beauftragten CallCentern
> den umworbenen Kunden gezielt ansprechen und auf anfängliche
> Zurückhaltung oder gar Abweisung sehr gezielt reagieren können.
>
> Nach dem Gesetzeswortlaut: sind solche werbenden Telefonanrufe dann
> zulässig, wenn der Angerufene zuvor in diese Werbemaßnahme
> eingewilligt hat. Eine solche Einwilligung kann ausdrücklich oder
> konkludent erfolgen.
>
> Wenig Probleme bereitet hierbei die ausdrückliche Einwilligung,
> beispielsweise indem man um einen entsprechenden Rückruf gebeten hat
> oder zuvor bereits erklärt hat, dass man mit entsprechenden Anrufen
> einverstanden ist. Problematisch sind in diesem Zusammenhang
> vorformulierte Einwilligungserklärungen in den allgemeinen
> Geschäftsbedingungen der werbenden Unternehmen, soweit diese zuvor
> Bestandteil einen Vertrages zwischen den werbenden Unternehmen und dem
> Angerufenen geworden sind. Hier stellt sich die Frage, ob eine
> entsprechende Klausel möglicherweise unwirksam ist. So geht die
> Rechtsprechung davon aus, dass solche Klauseln dann unwirksam sind,
> wenn sie nicht klar und verständlich formuliert sind, somit gegen das
> Transparenzgebot verstoßen. In der Praxis sieht man häufig, dass in
> allgemeinen Geschäftsbedingungen entsprechende
> Einwilligungserklärungen so unverständlich formuliert sind, dass sich
> dem Verbraucher der Sinn entsprechender Regelung überhaupt nicht
> erschließt. Auch sind solche Erklärungen unwirksam, wenn sie an
> versteckten Stellen formuliert sind.
>
> Viel schwieriger ist die Frage zu beantworten, wann von einer
> konkludenten Einwilligung ausgegangen werden kann. Diese liegt nach
> der Rechtsprechung nicht vor, wenn der Angerufene zu den werbenden
> Unternehmen bereits in vertraglichen Beziehungen besteht. Auch wenn
> ein Verbraucher in entsprechenden Formularen eines Unternehmens seine
> Telefonnummer angegeben hat, bedeutet dies nicht, dass er Anrufen
> dieses Unternehrnens generell zugestimmt hat. Aus der Angabe der
> Telefonnummer lässt sich lediglich ableiten, dass Anrufe zur
> Abwicklung des konkreten, bestehenden Vertragsverhältnisses zulässig
> sein sollen.
>
> Die Telefonwerbung gegenüber "anderen Marktteilnehmern", also etwa
> Gewerbetreibenden, ist nach dem Wortlaut des Gesetzes auch dann
> zulässig, wenn statt der ausdrücklichen oder konkludenten Einwilligung
> von einer "mutmaßlichen Einwilligung" ausgegangen werden kann. Der
> Bundesgerichtshof stellt in dieseni Zusammenhang darauf ab, ob auf
> Grund konkreter Umstände ein sachliches Interesse des Angerufenen
> vermutet werden kann. Das ist dann der Fall, wenn der Werbende davon
> ausgehen kann, dass der Angerufene den Anruf erwartet oder zumindest
> diesern Anruf positiv gegenübersteht.
>
> Dies wurde beispielsweise für den Anruf eines Telefonbuchverlages
> bejaht, mit dem die bisher veröffentlichten Daten des Angerufenen
> abgeglichen werden sollten und der Anruf zur Werbung für einen
> Zusatzeintrag genutzt wurde.
>
> - Horst-Michael Ellmer ist seit Jahren Rechtsanwalt des f:mp
> (Fachverband Medienproduktion, Amn. JAM) und steht somit Mitgliedern
> mit Rat und Tat rund um Rechtsfragen in der medienproduktion zur
> Seite.
>
> Quelle: VALUE - Das Magazin für Medienproduktion und
> Unternehmenskommunikation, Printausgabe Mai 2006 (Internetadresse
> )