BGB statt VOB

BGB statt VOB

am 21.07.2006 00:01:06 von Martin Dietrich

Hinweis für alle Handwerker:
Die VOB/B kann gegenüber einem weder im Baugewerbe tätigen noch sonst im
Baubereich bewanderten Vertragspartner nicht durch bloßen Hinweis auf Ihre
Geltung in den Bauwerkvertrag einbezogen werden. Dem Vertragspartner muß
Gelegenheit gegeben werden, sich *vor* Vertragsabschluß mit dem Inhalt der
vorgesehenen Allgemeinen Vertragsbedingungen vertraut zu machen, damit er
Rechtsfolgen und Risiken abschätzen kann, Es reicht nicht aus, wenn der
Vertragspartner des Verwenders im wesentlichen nur über ihn belastende
Bestimmungen (wie etwa 13 Nr. 4 VOB/B) informiert wird, während für ihn
günstige Regelungen (etwa 16 Nr. 3 II oder 14 Nr. 4 VOB/B) lediglich mit
einer Verweisung auf die VOB/B "eingeführt" werden sollen. Mit einer
derartigen einseitigen Unterrichtung wird die Informationspflicht gem. 2 I
AGBG nicht erfüllt, so das die VOB/B insgesamt nicht in den Vertrag
einbezogen wird.

Kurz gesagt:
Gegenüber einem weder im Baugewerbe tätigen noch sonst im Baubereich
bewanderten Vertragspartner kann die VOB/B nicht durch bloßen Hinweis auf
ihre Geltung in den Vertrag einbezogen werden.

Fazit:
Dürfte ja für alle Handwerksbetriebe im Baubereich - sind ja bestimmt einige
wo hier Probleme posten bzw. nur lesen - sehr interessant sein, dies zu
wissen. Mein Tipp: laßt mal Eure AGBs von Euren RAs überarbeiten und die
wichtigsten Passagen der VOB/B einarbeiten, damit nicht nachher BGB zur
Anwendung kommt.

Martin

Re: BGB statt VOB

am 21.07.2006 08:26:14 von Markus Ritter

Martin Dietrich schrieb:
> Dürfte ja für alle Handwerksbetriebe im Baubereich - sind ja bestimmt einige
> wo hier Probleme posten bzw. nur lesen - sehr interessant sein, dies zu
> wissen. Mein Tipp: laßt mal Eure AGBs von Euren RAs überarbeiten und die
> wichtigsten Passagen der VOB/B einarbeiten, damit nicht nachher BGB zur
> Anwendung kommt.

Kennst Du BGH VII ZR 419/02?

Damit dürfte es IMHO und IANAL schwierig werden, nur die den
Handwerksbetrieben genehmen Teile der VOB/B in den Vertrag zu schreiben.

Wo siehst Du eigentlich generell den Vorteil der VOB/B gegenüber dem BGB?

Gruss
Markus


--
Die Gewöhnung an Ironie, ebenso wie die an Sarkasmus, verdirbt übrigens
den Charakter, sie verleiht allmählich die Eigenschaft einer
schadenfrohen Überlegenheit: man ist zuletzt einem bissigen Hunde
gleich, der noch das Lachen gelernt hat, außer dem Beißen. (Nietzsche)

Re: BGB statt VOB

am 21.07.2006 09:38:38 von Frank Hucklenbroich

Am Fri, 21 Jul 2006 08:26:14 +0200 schrieb Markus Ritter:

> Wo siehst Du eigentlich generell den Vorteil der VOB/B gegenüber dem BGB?

Die Gewährleistung dürfte der entscheidende Punkt sein. Bei einem Vertrag
nach BGB sind 5 Jahre Gewährleistung vorgeschrieben, bei VOB/B nur 2 Jahre
IIRC.

Für einen Handwerker sind 5 Jahre Gewährleistung natürlich ein Risiko und
auch ein gewisser Kostenfaktor, da i.d.R. der Bauherr für die Frist der
Gewährleistung eine Bürgschaft verlangt (zumindest bei größeren
Bauvorhaben), und die kostet für 5 Jahre natürlich mehr Zinsen als für 2
Jahre.

Grüße,

Frank

Re: BGB statt VOB

am 21.07.2006 09:55:16 von Markus Ritter

Frank Hucklenbroich schrieb:
> Am Fri, 21 Jul 2006 08:26:14 +0200 schrieb Markus Ritter:
>
>> Wo siehst Du eigentlich generell den Vorteil der VOB/B gegenüber dem BGB?
>
> Die Gewährleistung dürfte der entscheidende Punkt sein. Bei einem Vertrag
> nach BGB sind 5 Jahre Gewährleistung vorgeschrieben, bei VOB/B nur 2 Jahre
> IIRC.

Mittlerweile sind es 4 Jahre.

§13(4) Satz 1
Ist für Mängelansprüche keine Verjährungsfrist im Vertrag vereinbart, so
beträgt sie für Bauwerke 4 Jahre [..]

§13(5) Satz 1
Nach Abnahme der Mängelbeseitigungsleistung beginnt für diese Leistung
eine Verjährungsfrist von 2 Jahren neu


Das ist meines Erachtens im BGB nicht so.


> Für einen Handwerker sind 5 Jahre Gewährleistung natürlich ein Risiko und
> auch ein gewisser Kostenfaktor, da i.d.R. der Bauherr für die Frist der
> Gewährleistung eine Bürgschaft verlangt (zumindest bei größeren
> Bauvorhaben)

Wir reden jetzt aber immer noch von privaten Bauherren?

Gruss
Markus



--
Die Gewöhnung an Ironie, ebenso wie die an Sarkasmus, verdirbt übrigens
den Charakter, sie verleiht allmählich die Eigenschaft einer
schadenfrohen Überlegenheit: man ist zuletzt einem bissigen Hunde
gleich, der noch das Lachen gelernt hat, außer dem Beißen. (Nietzsche)

Re: BGB statt VOB

am 21.07.2006 10:39:27 von usenet-01-2006

Markus Ritter schrieb:

>>Für einen Handwerker sind 5 Jahre Gewährleistung natürlich ein Risiko und
>>auch ein gewisser Kostenfaktor, da i.d.R. der Bauherr für die Frist der
>>Gewährleistung eine Bürgschaft verlangt (zumindest bei größeren
>>Bauvorhaben)
>
>
> Wir reden jetzt aber immer noch von privaten Bauherren?

Gerade der sollte so eine Sicherheit verlangen, da ein Zahlungsausfall
im Gewährleistungsfall für ihn existenzbedrohend sein kann.

Kennt man doch aus Horror-Beiträgen in TV-Magazinen.

Re: BGB statt VOB

am 21.07.2006 10:51:07 von Frank Hucklenbroich

Am Fri, 21 Jul 2006 09:55:16 +0200 schrieb Markus Ritter:

> Frank Hucklenbroich schrieb:

>> Für einen Handwerker sind 5 Jahre Gewährleistung natürlich ein Risiko und
>> auch ein gewisser Kostenfaktor, da i.d.R. der Bauherr für die Frist der
>> Gewährleistung eine Bürgschaft verlangt (zumindest bei größeren
>> Bauvorhaben)
>
> Wir reden jetzt aber immer noch von privaten Bauherren?

Auch bei privaten Bauherren ist das ab einer bestimmten Größenordnung
(sagen wir mal so ab 5 - 10.000 EUR) üblich. Da werden 5% der
Rechnungssumme als Sicherheit für die Zeit der Gewährleistung einbehalten.
Damit der Handwerker nicht 5 Jahre lang auf diese 5% warten muß (das
läppert sich nämlich gewaltig, wenn er viele solcher Kunden hat), löst er
üblicherweise die 5% durch eine Gewährleistungsbürgschaft ab. Der Kunde
bekommt also eine Bürgschaft über die 5%, und zahlt dem Handwerker das Geld
aus. Im Gewährleistungsfall kann er sich dann u.U. direkt an den
Bürgschaftsgeber (Bank oder Versicherung) wenden, falls er sich mit dem
Handwerker nicht einig wird.

Grüße,

Frank

Re: BGB statt VOB

am 21.07.2006 11:17:12 von Martin Dietrich

Markus Ritter wrote:
> Martin Dietrich schrieb:
>> Dürfte ja für alle Handwerksbetriebe im Baubereich - sind ja
>> bestimmt einige wo hier Probleme posten bzw. nur lesen - sehr
>> interessant sein, dies zu wissen. Mein Tipp: laßt mal Eure AGBs von
>> Euren RAs überarbeiten und die wichtigsten Passagen der VOB/B
>> einarbeiten, damit nicht nachher BGB zur Anwendung kommt.
>
> Kennst Du BGH VII ZR 419/02?
>
> Damit dürfte es IMHO und IANAL schwierig werden, nur die den
> Handwerksbetrieben genehmen Teile der VOB/B in den Vertrag zu
> schreiben.

habe ich was anderes geschrieben? Wozu gibt es RAs?

die Handwerker nehmen bevorzugt im ganzen die VOB/B und nicht nur die
genehmen Teile.

> Wo siehst Du eigentlich generell den Vorteil der VOB/B gegenüber dem
> BGB?

besonders beim Thema Gewährleistung

Martin

Re: BGB statt VOB

am 21.07.2006 11:27:52 von Markus Ritter

Frank Hucklenbroich schrieb:

> Auch bei privaten Bauherren ist das ab einer bestimmten Größenordnung
> (sagen wir mal so ab 5 - 10.000 EUR) üblich. Da werden 5% der
> Rechnungssumme als Sicherheit für die Zeit der Gewährleistung einbehalten.

Das müsste aber doch meines Erachtens schon im Vertrag stehen, der in
aller Regel von den Baufirmen stammt. Sollte er jedoch mit dem Bauherren
zusammen erstellt werden, sind vorformulierte Verträge ja eh nicht zu
gebrauchen.

Markus

Re: BGB statt VOB

am 21.07.2006 12:33:19 von unknown

Post removed (X-No-Archive: yes)

Re: BGB statt VOB

am 21.07.2006 19:11:44 von Robert Lange

Markus Ritter schrieb:

> Wo siehst Du eigentlich generell den Vorteil der VOB/B gegenüber dem BGB?

Generell regelt die VOB/B allerhand Dinge, die vom BGB nicht oder nicvht
angemessen geregelt werden, die am Bau aber regelmäßig vorkommen:
Entwurfsänderungen, Mengenänderungen, Mängel, Verzögerungen ...

Spezielle Vorteile gegenüber den Regelungen des BGB sind u. a.:


Aus Sicht der Bauunternehmen:

§ 7.1 Der Auftraggeber trägt Gefahr aus höherer Gewalt u. ä.

§ 12.3 Der Auftraggeber darf die Abnahme nur bei wesentlichen Mängeln
verweigern.

§ 13.4 Die Gewährleistungsfrist beträgt nur 4 Jahre.

§ 16.1 Der Auftragnehmer hat ein Recht auf Abschlagszahlungen.

§ 17.3 Der Auftragnehmer hat Wahlrecht bzgl. der Art der
Sicherheitsleitung.


Aus Sicht der Bauherren:

§ 1.3 Der Auftraggeber darf den Bauentwurf ändern.

§ 1.4 Bestimmte nicht vereinbarte Leistungen müssen vom Auftragnehmer
auf Verlangen mit ausgeführt werden.

§ 13.3 Der Auftragnehmer haftet für Mängel, die auf bestimmte Fehler
des Auftraggebers zurückzuführen sind, wenn er nicht schriftlich
Bedenken angezeigt hat.

§ 16.3 Die Vorbehaltlose Annahme der Schlusszahlung schließt
Nachforderungen aus.

Re: BGB statt VOB

am 21.07.2006 19:15:40 von Robert Lange

Martin Dietrich schrieb:

> Kurz gesagt:
> Gegenüber einem weder im Baugewerbe tätigen noch sonst im Baubereich
> bewanderten Vertragspartner kann die VOB/B nicht durch bloßen Hinweis auf
> ihre Geltung in den Vertrag einbezogen werden.

Deswegen gibt es auch Abreißblöcke mit der VOB/B auf ein einzelnes Blatt
gequetscht, die man an Verträge mit dranheften kann.

Re: BGB statt VOB

am 21.07.2006 20:55:39 von Martin Dietrich

Robert Lange wrote:
> Martin Dietrich schrieb:
>
>> Kurz gesagt:
>> Gegenüber einem weder im Baugewerbe tätigen noch sonst im Baubereich
>> bewanderten Vertragspartner kann die VOB/B nicht durch bloßen
>> Hinweis auf ihre Geltung in den Vertrag einbezogen werden.
>
> Deswegen gibt es auch Abreißblöcke mit der VOB/B auf ein einzelnes
> Blatt gequetscht, die man an Verträge mit dranheften kann.

Super. Wo?