Frage zu Widerspruch und Abhilfebescheid

Frage zu Widerspruch und Abhilfebescheid

am 23.07.2006 18:22:51 von Martin Meyer

Hallo NG,

ich habe mal eine Frage zum Ablauf eines Widerspruchsverfahren:

-In einer Schwerbehindertenangelegenheit ergeht vom Versorgungsamt der
Bescheid, den Grad der Behinderung (GdB) von 50 auf 30 herabzusetzen.

-Gegen diesen Bescheid wurde Widerspruch eingelegt.

-Die Behörde erachtet den Widerspruch als begründet und erlässt gemäß
§ 85 (1) SGG einen Abhilfebescheid.
Dem Anliegen der Antragsstellerin wird darin in vollem Umfang abgeholfen.

So weit so gut, damit dürfte der Verwaltungsakt doch erledigt sein(?).
Allerdings liegt dem Abhilfebescheid noch eine sogenannte
"Widerspruchsrücknahmeerklärung" bei, die binnen eines Monats
zurückgesendet werden soll.
Eine Rechtsgrundlage für die Rücknahmeerklärung wird nicht genannt, der
Bescheid enthält auch keine Rechtsbehelfsbelehrung (muss er AFAIK auch
nicht enthalten).

Was soll also so eine "Widerspruchsrücknahmeerklärung"? Ich habe diesen
Begriff noch nie im Zusammenhang mit Widerspruchsverfahren gehört.
Wo ist das geregelt, woraus ergibt sich die Notwendigkeit zur Abgage
einer solchen Erklärung?

TIA & Gruss,
Martin

--
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Re: Frage zu Widerspruch und Abhilfebescheid

am 23.07.2006 18:41:08 von Erwin Denzler

Martin Meyer schrieb:

> Was soll also so eine "Widerspruchsrücknahmeerklärung"? Ich habe diesen
> Begriff noch nie im Zusammenhang mit Widerspruchsverfahren gehört.
> Wo ist das geregelt, woraus ergibt sich die Notwendigkeit zur Abgage
> einer solchen Erklärung?

Manche Behörden machen das, wenn sie der Meinung sind, ein Widerspruch
hat keine Erfolgschance. Dann teilt man dies dem Widerspruchsführer mit
und in der Erwartung, er werde sich durch diese Information überzeugen
lassen, fragt man an, ob er zurücknehmen will. Dabei weist man darauf
hin, daß auf diese Art die Gebühren für einen ablehnenden
Widerspruchsbescheid vermieden werden können.

Im Sozialrecht ist das Widerspruchsverfahren allerdings ohnehin
gebührenfrei, und bei einer Abhilfe macht die Rücknahme auch keinen
Sinn. Mit der Abhilfe ist das Verfahren bereits beendet, der
Widerspruchsausschuß (oder die nächsthöhere Stelle) muß gar nicht noch
beteiligt werden. Sofern die Abhilfe in vollen Umfang erfolgte.

E.D.

Re: Frage zu Widerspruch und Abhilfebescheid

am 23.07.2006 19:24:47 von Martin Meyer

Hallo Erwin,

vielen Dank für Deine rasche Antwort!

On Sun, 23 Jul 2006 18:41:08 +0200, Erwin Denzler
<> wrote:

>[...]
>bei einer Abhilfe macht die Rücknahme auch keinen
>Sinn. Mit der Abhilfe ist das Verfahren bereits beendet, der
>Widerspruchsausschuß (oder die nächsthöhere Stelle) muß gar nicht noch
>beteiligt werden.

Genau DAS, hatte ich mir auch gedacht, als ich das las.

>Sofern die Abhilfe in vollen Umfang erfolgte.

Ja ist sie. Im angefochtenen Bescheid sollte der GdB sollte von 50 auf 30
gesenkt werden - laut Abhilfebescheid bleibt er weiterhin bei 50
bestehen. Ein weiteres Indiz dafür, ist auch die Tatsache, dass eine
Rechtbehelfsbelehrung fehlt.

Das Verfahren war natürlich verkürzt wiedergegeben. Es gab im Vorfeld des
Bescheides die vorgeschriebenen Anhörungsverfahren und viel Trouble, weil
die Behörde die Begründungen für Ihre Entscheidungen unzureichend
allgemein hielt ohne die Tatsachen im einzelnen zu nennen ... auf
Akteneinsichtbegehren mehrmals (absichtlich?) unvollständige Akten
vorlegte ... alles ziemlich Bürgerunfreundlich oder gar fehlerhaft.
Man hatte echt den Eindruck, als wenn hier behinderte Bürger davon
abgeschreckt werden sollten, Ihren berechtigten Anspruch geltend zu
machen :(

Mit anderen Worten, die Antragstellerin kann sich das Porto sparen und
die sogenannte "Widerspruchsrücknahmeerklärung" der Rundablage
anvertrauen, wenn die Behörde keinen Rechtsanspruch auf diese Erklärung
hat(?).

Dank & Gruß,
Martin

--
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Re: Frage zu Widerspruch und Abhilfebescheid

am 23.07.2006 20:15:09 von Erwin Denzler

Martin Meyer schrieb:
>
> Mit anderen Worten, die Antragstellerin kann sich das Porto sparen und
> die sogenannte "Widerspruchsrücknahmeerklärung" der Rundablage

Das Amt hat bestimmt auch E-Mail :) Eine freundliche Mitteilung, daß man
das Verfahren damit als zufriedenstellend erledigt betrachtet, kostet
nichts. Mit einer formellen Rücknahme wär ich vorsichtig. Da kommt
womöglich noch jemand auf die Idee, dadurch ist die Grundlage für den
Abhilfebescheid weggefallen.

E.D.

Re: Frage zu Widerspruch und Abhilfebescheid

am 23.07.2006 21:23:08 von axbnospamatall

Am Sun, 23 Jul 2006 20:15:09 +0200 schrieb Erwin Denzler
<>:

>Das Amt hat bestimmt auch E-Mail :) Eine freundliche Mitteilung, daß man
>das Verfahren damit als zufriedenstellend erledigt betrachtet, kostet
>nichts. Mit einer formellen Rücknahme wär ich vorsichtig. Da kommt
>womöglich noch jemand auf die Idee, dadurch ist die Grundlage für den
>Abhilfebescheid weggefallen.

Und selbst wenn die Grundlage wegfallen würde, was ändert dies? Bzw.
welche Änderungsnorm will die Behörde für die Änderung des
Abhilfebescheides benennen? § 47 SGB X wird es wohl nicht sein können.

Grüße

Axel

Re: Frage zu Widerspruch und Abhilfebescheid

am 23.07.2006 22:10:47 von hansimglueck

--- Original-Nachricht ---
Absender: Erwin Denzler
Datum: 23.07.2006 20:15
> Martin Meyer schrieb:
>>
>> Mit anderen Worten, die Antragstellerin kann sich das Porto sparen und
>> die sogenannte "Widerspruchsrücknahmeerklärung" der Rundablage
>
> Das Amt hat bestimmt auch E-Mail :) Eine freundliche Mitteilung, daß man
> das Verfahren damit als zufriedenstellend erledigt betrachtet, kostet
> nichts. Mit einer formellen Rücknahme wär ich vorsichtig. Da kommt
> womöglich noch jemand auf die Idee, dadurch ist die Grundlage für den
> Abhilfebescheid weggefallen.

Was genau welche Auswirkung hätte?

(nämlich keine)

Re: Frage zu Widerspruch und Abhilfebescheid

am 23.07.2006 22:12:14 von Martin Meyer

Hallo Erwin,

wieder Dank für Deine schnelle Antwort.

On Sun, 23 Jul 2006 20:15:09 +0200, Erwin Denzler
<> wrote:

>Martin Meyer schrieb:
>>
>> Mit anderen Worten, die Antragstellerin kann sich das Porto sparen und
>> die sogenannte "Widerspruchsrücknahmeerklärung" der Rundablage

>[...]
> Mit einer formellen Rücknahme wär ich vorsichtig. Da kommt
>womöglich noch jemand auf die Idee, dadurch ist die Grundlage für den
>Abhilfebescheid weggefallen.

Meinst Du im Ernst, das könnte eine Finte sein? Eine deutsche Behörde
würde solche linken Winkelzüge machen?
Obwohl ... nach allem würde ich denen schon sowas zutrauen.

Gruß,
Martin

--
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Re: Frage zu Widerspruch und Abhilfebescheid

am 23.07.2006 22:14:24 von hansimglueck

--- Original-Nachricht ---
Absender: Martin Meyer
Datum: 23.07.2006 18:22
> Hallo NG,
>
> ich habe mal eine Frage zum Ablauf eines Widerspruchsverfahren:
>
> -In einer Schwerbehindertenangelegenheit ergeht vom Versorgungsamt der
> Bescheid, den Grad der Behinderung (GdB) von 50 auf 30 herabzusetzen.
>
> -Gegen diesen Bescheid wurde Widerspruch eingelegt.
>
> -Die Behörde erachtet den Widerspruch als begründet und erlässt gemäß
> § 85 (1) SGG einen Abhilfebescheid.
> Dem Anliegen der Antragsstellerin wird darin in vollem Umfang abgeholfen.
>
> So weit so gut, damit dürfte der Verwaltungsakt doch erledigt sein(?).
> Allerdings liegt dem Abhilfebescheid noch eine sogenannte
> "Widerspruchsrücknahmeerklärung" bei, die binnen eines Monats
> zurückgesendet werden soll.
> Eine Rechtsgrundlage für die Rücknahmeerklärung wird nicht genannt, der
> Bescheid enthält auch keine Rechtsbehelfsbelehrung (muss er AFAIK auch
> nicht enthalten).
>
> Was soll also so eine "Widerspruchsrücknahmeerklärung"? Ich habe diesen
> Begriff noch nie im Zusammenhang mit Widerspruchsverfahren gehört.
> Wo ist das geregelt, woraus ergibt sich die Notwendigkeit zur Abgage
> einer solchen Erklärung?
>
> TIA & Gruss,
> Martin
>

Der Abhilfebescheid enthält keine Rechtsbehelfsbelehrung, weil gegen
diesen kein Widerspruch möglich ist (diesen Weg bist du ja bereits
gegangen). Das einzige Rechtsmittel das dir bleibt wäre eine Klage. Da
mit dem Bescheid dem Widerspruch abgeholfen ist, hat sich die Sache für
dich erledigt. Die Behörde wird die die Rücknahmeerklärung nur deshalb
mitgeschickt haben (meine Vermutung), weil sie sich damit
Rechtssicherheit verschaffen will (mit einer Rücknahme deines
Widerspruches wäre eine Klage deinerseits nicht mehr möglich). Für dich
hätte es keine Nachteile, wenn du die Erklärung abgibst und durch den
Abhilfebescheid deinem Anliegen voll nachgekommen wurde. Notwendig ist
die Abgabe allerdings nicht.

Re: Frage zu Widerspruch und Abhilfebescheid

am 23.07.2006 22:27:57 von Holger Pollmann

Hans Glück <> schrieb:

>> Das Amt hat bestimmt auch E-Mail :) Eine freundliche Mitteilung,
>> daß man das Verfahren damit als zufriedenstellend erledigt
>> betrachtet, kostet nichts. Mit einer formellen Rücknahme wär ich
>> vorsichtig. Da kommt womöglich noch jemand auf die Idee, dadurch
>> ist die Grundlage für den Abhilfebescheid weggefallen.
>
> Was genau welche Auswirkung hätte?

Die Behörde könnte den Abhilfebescheid aufheben und der Widerspruchsführer
könnte keine Klage mehr erheben, weil kein Wuderspruchsverfahren
durchgeführt wurde und die Widerspruchsfrist abgelaufen ist.

--
( ROT-13 if you want to email me directly: )
"Wir müssen ja auch sehen, wir haben ja ein Täterstrafrecht". Günter
Piening, Beauftragter des Berliner Senats für Integration und Migration.
Tagesschau vom 14. April 2006.

Re: Frage zu Widerspruch und Abhilfebescheid

am 23.07.2006 22:49:27 von e.naundorf

Martin Meyer schrieb:

> Meinst Du im Ernst, das könnte eine Finte sein? Eine deutsche Behörde
> würde solche linken Winkelzüge machen?

Du schriebst einleitend doch, dieser Wisch "lag bei".

Was spricht gegen die doch recht naheliegende Annahme,
dass er einfach aus Versehen beigefügt wurde (weil er
so oft beigefügt wird, dass man in diesem Fall nicht
gesehen hat, dass es sinnlos war, ihn beizufügen ...)?

Wenn der Text des Abhilfebescheides und eines Anschreibens
keinerlei Hinweise auf diese Erklärung enthält, würde
ich sie großflächig ignorieren.

CEN

Re: Frage zu Widerspruch und Abhilfebescheid

am 23.07.2006 23:13:13 von Martin Meyer

Hallo Christian,

On Sun, 23 Jul 2006 22:49:27 +0200, "Christian E. Naundorf"
<> wrote:


>[...]
>Du schriebst einleitend doch, dieser Wisch "lag bei".
>
>Was spricht gegen die doch recht naheliegende Annahme,
>dass er einfach aus Versehen beigefügt wurde (weil er
>so oft beigefügt wird, dass man in diesem Fall nicht
>gesehen hat, dass es sinnlos war, ihn beizufügen ...)?

Dagegen spricht das niggelige Verhalten der Behörde im ganzen Verfahren.

>Wenn der Text des Abhilfebescheides und eines Anschreibens
>keinerlei Hinweise auf diese Erklärung enthält, würde
>ich sie großflächig ignorieren.

Hatte ich das gesagt? Sowohl im Anschreiben ist diese
"Widerspruchsrücknahmeerklärung" aufgeführt als auch im Abhilfebescheid
steht:
"Ich bitte Sie, mir innerhalb eines Monats mitzuteilen, ob Sie Ihren
Widerspruch gegen den Bescheid vom xx.xx.xxxx zurücknehemen".
Irgendwie komisch das Ganze ...

THX & Gru?,
Martin

--
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Re: Frage zu Widerspruch und Abhilfebescheid

am 23.07.2006 23:15:37 von Erwin Denzler

Martin Meyer schrieb:

> "Widerspruchsrücknahmeerklärung" aufgeführt als auch im Abhilfebescheid
> steht:
> "Ich bitte Sie, mir innerhalb eines Monats mitzuteilen, ob Sie Ihren
> Widerspruch gegen den Bescheid vom xx.xx.xxxx zurücknehemen".
> Irgendwie komisch das Ganze ...

Ist es denn eindeutig, daß der Bescheid ein Abhilfebescheid und nicht
eine neue Feststellung des GdB ist?

Der Unterschied wäre, ab wann das erwünschte Ergebnis wirksam ist. Ich
kenne diese Vorgehensweise aus einem ähnlichen Bereich, und zwar der
Einstufung in der Pflegeversicherung. Da wird auf einen Widerspruch hin
auch manchmal statt der Abhilfe eine Änderung der Pflegestufe
festgestellt (und dann vermutlich auch angefragt, ob die Sache damit
erledigt ist). Das hat aber keine rückwirkende Wirkung, die höheren
Leistungen gibt es dann nicht ab dem ursprünglichem Antrag (wie beim
erfolgreichem Widerspruch), sondern erst ab dem Änderungsbescheid.

Beim GdB ist das nicht unbedingt relevant, kommt drauf an welche
Ansprüche für welche Zeit man damit erzielen will.

E.D.

Re: Frage zu Widerspruch und Abhilfebescheid

am 23.07.2006 23:15:37 von axbnospamatall

Am 23 Jul 2006 20:27:57 GMT schrieb Holger Pollmann <>:


>> Was genau welche Auswirkung hätte?
>
>Die Behörde könnte den Abhilfebescheid aufheben und der Widerspruchsführer
>könnte keine Klage mehr erheben, weil kein Wuderspruchsverfahren
>durchgeführt wurde und die Widerspruchsfrist abgelaufen ist.

Die Aufhebung eines Verwaltungsaktes ist ein erneuter Verwaltungsakt,
der wiederum mit dem Widerspruch anfechtbar ist. Zumal für die
Aufhebung des Abhilfebescheides eine Änderungsnorm greifen müsste.
Welche sollte das sein?

Grüße

Axel

Re: Frage zu Widerspruch und Abhilfebescheid

am 23.07.2006 23:15:37 von axbnospamatall

Am Sun, 23 Jul 2006 22:14:24 +0200 schrieb Hans Glück
<>:


>Der Abhilfebescheid enthält keine Rechtsbehelfsbelehrung, weil gegen
>diesen kein Widerspruch möglich ist (diesen Weg bist du ja bereits
>gegangen).

Der Abhilfebescheid ist keine Widerspruchsentscheidung. Daher ist
gegen den Abhilfebescheid sicherlich der Widerspruch gegeben.

>Das einzige Rechtsmittel das dir bleibt wäre eine Klage.

Und das stünde dann auch in einer Rechtsbehelfsbelehrung.


Grüße

Axel

Re: Frage zu Widerspruch und Abhilfebescheid

am 23.07.2006 23:15:37 von Holger Pollmann

Axel Böhm <> schrieb:

>> Der Abhilfebescheid enthält keine Rechtsbehelfsbelehrung, weil gegen
>> diesen kein Widerspruch möglich ist (diesen Weg bist du ja bereits
>> gegangen).
>
> Der Abhilfebescheid ist keine Widerspruchsentscheidung.

Wenn die abhelfende Behörde auch Widerspruchsbehörde ist - warum nicht?

> Daher ist gegen den Abhilfebescheid sicherlich der Widerspruch
> gegeben.

Nein.

Es fehlt schon an der Beschwer.

--
( ROT-13 if you want to email me directly: )
"Wir müssen ja auch sehen, wir haben ja ein Täterstrafrecht". Günter
Piening, Beauftragter des Berliner Senats für Integration und Migration.
Tagesschau vom 14. April 2006.